Ab einem bestimmten Alter freut sich jeder auf seine erste eigene Wohnung. Keine Eltern, die einem auf die Finger sehen und alles kontrollieren wollen. Trotzdem haben viele aus meinem Freundeskreis beim ersten Umzug schlechte Erfahrungen gemacht. Alle sind sich in einem einig: Es gibt manche Hinweise, die sie gerne vorher bekommen hätten.
Guter Freund = guter Mitbewohner?
Was kommt vielen als erstes in den Sinn? Natürlich mit dem besten Freund oder der besten Freundin zusammen zu wohnen. Das spart Geld und man kennt sich schon aus der Schulzeit. Doch Vorsicht! Gute Freunde sind nicht immer gute Mitbewohner.
Man macht den Fehler, sich dabei zu sehr auf die Vorteile zu konzentrieren: Man kennt sich, hat ähnliche Interessen und nicht das Risiko eines Fremden, den man eventuell nicht leiden kann. Ein Rat, den viele meiner Freunde mir gegeben haben: Achtet auch auf das Negative am potenziellen Mitbewohner.
Wenn das Zimmer eures besten Freundes im Elternhaus chaotisch ist, wird es wahrscheinlich auch in der WG chaotisch zugehen. Deswegen ist ein klärendes Gespräch von größter Wichtigkeit. Wenn man seinen neuen Mitbewohner fragt, ob er ein ordentlicher Mensch sei, wird er natürlich mit Ja antworten. Niemand würde sagen: Ich mag Unordnung und Dreck. Die Definitionen, ab wann eine Wohnung jetzt dreckig oder unordentlich ist, können dabei aber stark voneinander abweichen. Für den einen ist ein ungespülter Teller schon ein Dorn im Auge. Der andere stapelt seelenruhig sein Geschirr für ein paar Tage, bis er es wäscht.
Wenn man sich vorher kennt und dann in die Haare bekommt, kann das auch der Freundschaft schaden. Ich kenne durchaus gute Freunde, die zusammengezogen sind und es danach nicht mehr waren.
Also wichtig: Führt ein klärendes Gespräch. Es ist auch durchaus bewährt, einen WG-Plan zu erstellen: Wer ist wann mit Staubsaugen oder Spülen dran? Sonst macht sich nämlich schnell die Einstellung breit: „Wenn ich es nicht mache, wird es der andere schon irgendwann machen.“ Am Ende macht es dann keiner von beiden oder immer nur der selbe. Letztendlich hat man entweder einen Saustall oder einen genervten Mitbewohner: Beides auf Dauer keine Lösung.
Die Wohnung
„Dein Zimmer hat nur zwölf Quadratmeter?“ Entgeistert werde ich angestarrt, wenn ich von meinen vier Wänden erzähle. Für mich persönlich reicht diese Fläche jedoch völlig aus. Es passt alles rein und ich stoße nichts um, wenn ich mich umdrehe. Was wollen Menschen in unserem Alter mit 40 Quadratmetern? Die Fläche bleibt doch meistens ohnehin ungenutzt. Es sei denn, Ihr habt einen Billard-Tisch, dann ist so ein großes Zimmer natürlich unumgänglich.
Ich habe selbst in einem so großen Zimmer gewohnt und fast das Doppelte bezahlt, wie in meiner jetzigen Wohnung. Natürlich ist viel Platz schön, aber bei den hohen Mietpreisen sollte man sich fragen, ob man nicht auch mit weniger Fläche auskommt. Generell ist vielen ein entscheidender Punkt nicht klar: Wir Menschen können mit sehr wenig auskommen, wenn es sein muss: In den Waschsalon gehen, weil das Haus keinen Waschmaschinen-Anschluss hat; im Sitzen duschen, weil der Duschkopf keine Aufhängung hat; die Wäsche im Bad aufhängen, weil man keinen Balkon hat. Man kann mit solchen kleinen Einschränkungen wunderbar leben. Vielleicht solltet Ihr auch die Wohnung in Betracht ziehen, die keinen Whirlpool mit goldenen Wasserhähnen hat. Es ist wie mit dem ersten Auto: Man kauft sich am Anfang nicht direkt einen Nobel-Schlitten sondern fängt mit etwas Einfachem an. Es bleibt noch das ganze Leben, um sich zu steigern.
Die Lage
Wie teuer das gewünschte Objekt ist, hängt natürlich nicht nur von den goldenen Wasserhähnen, sondern auch von der Lage ab. Oft zieht man für das Studium in eine fremde Stadt und kennt sich dort nicht aus. Man findet online ein verlockendes Angebot und schon schlägt man zu. Zu spät bemerkt man, warum das Objekt so preiswert war. Die Wohnung befindet sich in einer sozial schwachen Siedlung, von der man erst im Nachhinein erfährt, dass dort mit hoher Kriminalität zu kämpfen ist. Einem Bekannten ist genau so etwas passiert: Er hat sich nur nach dem Preis und der Größe der Wohnung orientiert und alles andere außer Acht gelassen.
Warum passiert so etwas immer wieder? Die Antwort ist im Prinzip ganz simpel: Weil es schnell gehen muss. Beispiel: Man wohnt in Köln und bekommt einen Studienplatz in Berlin. In drei Wochen geht das Semester los, da nimmt der verzweifelte Erstsemester alles, was er kriegen kann. Oft hat man einfach nicht die große Wahl, aber trotzdem empfiehlt es sich, einige Informationen über das Wohnviertel vorab einzuholen. Ein kurzer Blick auf Google Maps und man bemerkt, dass der Vorort zwar offiziell noch zu Berlin gehört, aber 30 Kilometer vom Zentrum und der Universität entfernt ist. Vielleicht bleibt einem dann die eine oder andere böse Überraschung erspart.
Bei Fehlentscheidung zurück zu den Eltern?
Zum Schluss noch ein Rat, bei dem viele sich weigern, ihn zu beherzigen: Es ist keine Schande, sich einzugestehen, dass der erste Wohnungsversuch nicht geklappt hat. Dann packt man halt seine Sachen und zieht nochmal für ein paar Monate zu den Eltern zurück. Von dort aus kann man sich neu orientieren und es das nächste Mal besser machen. Ich selbst habe es so gemacht, obwohl ich bei meinem ersten Auszug die Einstellung hatte: Ich gehe nie wieder zurück. Man sollte sich in den eigenen vier Wänden zu Hause fühlen. Wenn das nicht mehr der Fall ist, macht man sich nur unglücklich. Natürlich möchte man so eine Situation vermeiden. Mit der ersten eigenen Wohnung fühlt man sich frei und unabhängig und das möchte man nicht wieder aufgeben. Doch das ist meistens ohnehin ein Irrtum: Wir brauchen die Hilfe unserer Eltern länger als uns lieb ist und das hört auch bei der ersten eigenen Wohnung nicht auf.
Ich hatte damals Angst, den Mund zu voll genommen zu haben und mir war es peinlich, diesen Fehlversuch vor meinen Eltern zuzugeben. Doch sie sind unsere Eltern. Sie sind immer für uns da.
Wenn man seinen falschen Stolz beiseite lässt und ein paar der anderen Kleinigkeiten beachtet, steht dem Glück in der neuen Wohnung nichts mehr im Weg.
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