Die neue Ampel-Regierung hat nicht nur beim Umweltschutz einiges vor, sondern plant auch erhebliche Neuerungen im Abtreibungsrecht. Dabei kann Umweltschutz nur funktionieren, wenn wir den Menschen im Blick behalten, meint unser Autor Benedikt Bögle. Wesentliche Impulse müssten von der katholischen Kirche kommen. Ein Kommentar.
Die neue Ampel-Regierung aus SPD, Grünen und FDP nimmt ihre Arbeit auf. Während das Thema „Umweltschutz“ eine große Rolle im Wahlkampf und auch im Koalitionsvertrag spielt, treten nun auch weitere Themen der neuen Regierung in den Vordergrund. So sind ausweislich des Koalitionsvertrages auch einige Änderungen im Blick auf Abtreibungen geplant. Aus Sicht der katholischen Kirche ist das mehr als bedenklich. Man kann den Eindruck bekommen, die Koalition sage „Ja“ zum Umweltschutz, aber „Nein“ zum Lebensschutz. Das wäre ein verheerendes Zeichen.
Papst mahnt mehr Umweltschutz an
Zentral für das kirchliche Verständnis von Umwelt und Klima ist die Heilige Schrift. Für diese ist klar: Diese Welt ist mit all ihren Lebewesen Schöpfung des guten Gottes. Sie entspringt dem göttlichen Willen und ist daher selbst gut. Daher ist es die Aufgabe der Menschen, sie zu beschützen. Gerade Papst Franziskus hat in seiner Enzyklika „Laudato si`“ (LS) ein deutliches Augenmerk auf die Anliegen des Umweltschutzes gelegt.
In eindringlichen Worten beschreibt er den Zustand der Umwelt und benennt den Menschen klar als Verantwortlichen für Klimawandel, Vermüllung, Abholzung und Artensterben. Der Papst weist aber auch auf einen wichtigen Zusammenhang hin: Diese Welt ist ein funktionierendes System, das nicht aus dem Gleichgewicht gebracht werden sollte: „Wie jeder Organismus in sich selbst gut und bewundernswert ist, weil er eine Schöpfung Gottes ist, so gilt das Gleiche für das harmonische Miteinander verschiedener Organismen in einem bestimmten Raum, das als System funktioniert.“ (LS 140)
„Die Würde des Menschen ist unantastbar“
Es kann daher keinen wirksamen Umweltschutz geben, der sich nur auf einen Teil dieses Systems fokussiert. Es kann nicht angehen, nur Tierarten zu schützen, den steigenden Meeresspiegel aber zu ignorieren. Ebenfalls ist es zu einseitig, die Abholzung der Regenwälder zu stoppen, gleichzeitig aber tatenlos der Vermüllung von Ozeanen zuzusehen.
Gleiches galt für den Menschen. Auch und gerade er ist Teil dieser Schöpfung; sein Lebensrecht ist unbedingt und unter allen Umständen zu achten. Das ist nicht nur Inhalt katholischer oder christlicher Lehre. Es ist der Kernsatz deutscher Gesetzgebung: „Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen, ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.“ (Art. 1 Abs. 1 des Grundgesetzes)
Mehr Tier- als Menschenschutz?
Der Papst fasst es in deutliche Worte: Es sei „besorgniserregend, dass einige ökologische Bewegungen, wenn sie die Unversehrtheit der Umwelt verteidigen und zu Recht gewisse Grenzen für die wissenschaftliche Forschung fordern, bisweilen dieselben Prinzipien nicht für das menschliche Leben anwenden.
Für gewöhnlich wird das Überschreiten aller Grenzen gerechtfertigt, wenn mit lebenden menschlichen Embryonen Experimente durchgeführt werden. Man vergisst, dass der unveräußerliche Wert eines Menschen jenseits seiner Entwicklungsstufe liegt.“ (LS 136) Der Papst schreibt ebenfalls: „Man kann aber nicht von der Menschheit absehen. Es wird keine neue Beziehung zur Natur geben ohne einen neuen Menschen. Es gibt keine Ökologie ohne eine angemessene Anthropologie.“ (LS 118)
Paragraph 219a StGB soll gestrichen werden
Die von der Ampel geplanten Änderungen dürften als weitreichend gelten. Einerseits soll § 219a des Strafgesetzbuches (StGB) gestrichen werden (S. 116 des Koalitionsvertrages). Der Paragraph verbietet Werbung für Schwangerschaftsabbrüche und war in der Vergangenheit in Kritik geraten, weil danach Abtreibungsärzten etwa auch untersagt war, über die genaue Methode der Abtreibung öffentlich zu informieren. Nur: Die Norm verbietet ja noch viel mehr – etwa die grob anstößige Werbung für Abtreibung in der Öffentlichkeit.
Soll auch das künftig legal werden? Weiter sollen Schwangerschaftsabbrüche Teil der ärztlichen Aus- und Weiterbildung werden. Und schließlich will die Koalition „Gehsteigbelästigungen von Abtreibungsgegnerinnen und Abtreibungsgegnern“ verhindern. Wie das konkret umgesetzt werden soll, bleibt ebenso ein Geheimnis der Koalitionäre wie die Frage, wie das mit den Grundrechten auf Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG, der Versammlungsfreiheit nach Art. 8 Abs. 1 GG und der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG vereinbar sein soll?
Mahnende Stimme der Kirche
Die Kirche hat schon jetzt ihre Stimme gegen diese Pläne erhoben. Roland Batz, der Generalvikar des bayerischen Bistums Regensburg, sagte: „Die Abtreibungspläne der Ampelparteien ignorieren das unantastbare Recht auf Leben geradezu vollständig, wenn es um den Schutz von Kindern geht, die noch nicht geboren sind. Praktisch schließen sie eine ganze Menschengruppe, nämlich alle, die noch nicht geboren sind, aus der Rechtsgemeinschaft aus. Das ist nicht irgendeine politische Entscheidung. Hier geht es um ein grundsätzliches Menschenrecht.“ Bischof Rudolf Voderholzer äußerte sich ebenfalls: „Gott hat jeden Menschen gewoben im Schoß seiner Mutter und deshalb kommt auch dem ungeborenen Kind das Lebensrecht einer menschlichen Person zu.“
Es kann keinen sinnvollen Umweltschutz geben, wenn der Mensch nicht im Mittelpunkt steht. Es kann nicht angehen, dass das menschliche Recht auf Leben immer weiter eingegrenzt wird. Die neue Regierung wird sich auch daran messen lassen müssen, wie sie mit dieser sozialpolitischen Frage umgeht. Der Koalitionsvertrag gibt jedenfalls eine eindeutige Richtung vor.
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