Kein Fleisch, keine Eier, keinen Käse! Absolut keine tierischen Produkte – so sieht eine vegane Ernährung aus. Warum entscheiden sich Menschen dafür? Und ist das überhaupt gesund?
Michelle ist seit über drei Jahren Veganerin. Alles begann bei einer Familienfeier, auf der sie Lose verkaufte, um damit einen Brunnen in Genua zu finanzieren. Als sie sich dort ein Schnitzel gönnen wollte, wies sie ihre Cousine darauf hin, dass sie dadurch ihre zuvor geleistete Arbeit unwirksam gemacht hat, da in Afrika viele Wasserressourcen zur Produktion von Futtermitteln für Schlachttiere genutzt werden. „Dieser Zusammenhang war mir überhaupt nicht klar“, gibt sie zu. Daraufhin hat sie sich zusammen mit ihrer Familie auf ein Experiment eingelassen: Einen Monat vegan leben. „Ich habe schon immer gerne gekocht und die neuen Rezepte und Lebensmittel haben uns so gut geschmeckt, dass wir nach einen Monat veganer Ernährung weiter dabei geblieben sind.“
Der vegane Alltag
Mit der ganzen Familie im Rücken lässt sich eine solche Nahrungsumstellung sicherlich leichter angehen. Aber wie gut ist die vegane Küche in unserer Gesellschaft akzeptiert und wie schwer ist es, unter den vielen Fleischessern, sich als Veganer zu behaupten? Beate und Kristina sind Mutter und Tochter. Zu Hause kochen sie hauptsächlich vegan aber unterwegs oder im Restaurant werden auch Mal Käse und Co. gegessen. Fleisch hingegen kommt gar nicht mehr auf den Tisch. „In der Familie ist das problematisch, weil mein Mann und mein Sohn sehr gerne und viel Fleisch essen und davon auch nicht weg wollen. Das hat schon zu einigen Streitigkeiten geführt“, gibt Beate zu. „Aber immerhin reißen sie mittlerweile nicht mehr ihre Witze“, lenkt Kristina ein. Mutter und Tochter ernähren sich vor allem aus ethischen Gründen vegan. Auch versuchen sie, Produkte wie Leder zu meiden. Aber nicht nur Nahrungsmittel wie Milch und Honig sind für Veganer tabu. Einige Nahrungsmittel enthalten zwar keine tierischen Produkte, jedoch wurden diese im Herstellungsprozess genutzt. Wein ist hier ein Beispiel: Zur Klärung wird häufig Gelatine oder eine Fischblase verwendet. Dies muss noch nicht einmal auf den Produkten deklariert werden.
Vanessa steht einer vegetarischen oder veganen Ernährung kritisch gegenüber: „Die sind doch alle immer so dürr, geradezu Klappergestelle.“ Sie versteht zwar die Beweggründe vieler Veganer, aber könnte sich dennoch nie selbst vegetarisch, geschweige denn vegan ernähren. Bei ihr kommt mindestens einmal am Tag Fleisch auf den Tisch. „Ich habe auch das Gefühl, dass dieses Vegan-Sein immer mehr zu einem Trend geworden ist.“ Und richtig: „Vor allem die junge Generation ist heute offener für Themen wie Tierschutz und Nachhaltigkeit und lebt diese Werte jeden Tag bewusst“, erklärte Sebastian Zösch, der Geschäftsführer des Vegetarierbund Deutschlands, in einem Artikel in der Zeitschrift „Meine Familie & ich“. Das steigende Interesse der jungen Generation lässt sich auch an den vermehrten Angeboten von vegetarischen und veganen Gerichten in Universitätsmensen erkennen oder daran, dass es in diesem Jahr das erste Mal eine vegane Imbissbude bei dem Musikfestival Rock im Park gab.
Trotz Verzicht auf tierische Produkte eine ausgewogene Ernährung?
Ethische oder ökologische Gründe sind schön und gut: Eine solche Ausschluss-Diät muss doch aber Folgen für die Gesundheit und den eigenen Körper nach sich ziehen. Auch Ernährungsberaterin Kirsten Dehne sieht einen Trend in Richtung veganer Ernährung, allerdings müsse zum Beispiel darauf geachtet werden, genügend pflanzliches Eiweiß und Eisen aufzunehmen. „Außerdem muss Vitamin B12 substituiert werden, da dieses nur in tierischen Produkten vorkommt. Generell braucht man ein sehr gutes Ernährungswissen.“ Sie sieht die Vorteile einer veganen Ernährung darin, dass generell weniger gesättigte Fettsäuren und ein deutlich höherer Anteil an Frischkost und Vitalstoffen aufgenommen werden. „Das sind Nährstoffe, die bei einem Allesesser in der Regel nicht in der Konzentration auf dem Teller landen. Man muss nicht jeden Tag ein Stück Fleisch essen, um genug Kalzium, Eisen und Eiweiß aufzunehmen, aber auf der anderen Seite wird tierisches Eiweiß vom Menschen generell besser verstoffwechselt“, erklärt die Ernährungsberaterin und Heilpraktikerin für Psychotherapie.
Auf die Frage, ob eine vegane Ernährung positive Auswirkungen auf das eigene Körpergefühl hat, antworten Beate, Kristine und Michelle eindeutig mit Ja: „Man fühlt sich sehr viel leichter und kraftvoller und hat erstaunlich mehr Energie.“ Aber auch Vanessa fühlt sich mit einer fleischreichen Ernährung gesund und fit und sieht deswegen keinen Grund dafür, diese umzustellen. Gründe für eine vegane Ernährung sind vielfältig: Die einen verzichten aus ethischen Gründen auf tierische Produkte, andere wollen etwas für die Umwelt tun und den übermäßigen Verbrauch an Ressourcen nicht unterstützen. Wieder andere stellen ihre Ernährung um, weil sie sich ein besseres Körpergefühl erhoffen. Aus welchen Beweggründen auch immer: Welche Art von Ernährung die Richtige für einen persönlich ist, das kann man nur selbst ausprobieren. Zwar ist die Umstellung vom Fleischesser zum Veganer radikal, aber dank steigender Akzeptanz und immer mehr veganen Einrichtungen in Deutschland wird diese mittlerweile einfacher.
Lia / vegan fit
Bei mir war es eine bewusste Umstellung hin zur veganen Ernährung. Ein Freund hat mir ein paar grauenvolle Videos geschickt und von dem Tag an war klar, dass auch ich was ändern muss. In den ersten Monaten war das sicherlich auch irgendwie ein Experiment wie man das mit der vollständigen Umstellung so hinbekommt, aber mit der Zeit habe ich mich eingegroovt. Gibt ja auch immer mehr vegane Produkte. 🙂
Dass man sich insgesamt fitter fühlt kann ich bestätigen. Weniger krankheitsanfällig bin ich auch.