2007 wurde die ganze Welt von einem Gespenst heimgesucht, das schon in der Vergangenheit enorme Auswirkungen auf das Leben vieler Menschen hatte. Doch diese Mal hat sich die Wirtschaftskrise in Europa zu einer Staatsschuldenkrise entwickelt. Die Schulden waren teilweise so hoch, dass die Länder kurz vor einer Insolvenz standen, was heißt, dass ein Land von einem auf den anderen Tag zahlungsunfähig wäre. Die Folgen für die Menschen in den EU-Ländern wären so komplex, dass selbst die besten Experten der Welt sie nicht alle genau ausmachen könnten. Und was tut man, um einen Staat vor der Pleite zu bewahren? Man gibt ihm Geld, viel Geld. Doch woher kommt dieses Geld? In den Medien hört man immer den Begriff „Euro-Rettungsschirm“.
Dabei ist der Euro-Rettungsschirm keine einzelne Institution oder Maßnahme, er ist der Oberbegriff für alle finanziellen Hilfsmaßnahmen der europäischen Gemeinschaft. Zu Anfangs hat man Notkredite für Griechenland vergeben, doch schnell bemerkte man, dass Griechenland viel mehr Geld benötigt. Daraufhin entwickelten die Euro-Länder die „Europäische Finanzstabilitätsfazilität“, kurz EFSF. Die Idee ist ein dauerhafter Stabilitätsmechanismus, durch den in Not geratenen Ländern kurzfristig Geld geliehen werden kann. Doch schon 2011 stellte man fest, dass die finanziellen Mittel der EFSF viel zu gering waren. Daraufhin entwickelte man den Europäischen Stabilitätsmechanismus. Eigentlich ist er genau das Gleiche wie die EFSF, nur mit viel mehr Geld und Macht ausgestattet.
Aufbau und Ziele des ESM
Der ESM ist eine Finanzinstitution, das heißt, er besteht aus verschiedenen Organen und Gremien, mitsamt deren Angestellten. Es gibt einen Gouverneursrat, der aus allen Finanzministern der Euro-Zone besteht, sowie ein Direktorium, in dem die vier größten Nationen der Euro-Zone jeweils einen Vertreter haben. Der Gouverneursrat entscheidet über Strategien und das Direktorium führt diese aus. Das finanzielle Startvolumen des ESM betrug 700 Milliarden Euro. Deutschland trägt davon 27 Prozent, also etwa 190 Milliarden Euro. Dabei ist jedoch zu bedenken, dass der Hauptteil davon nur Garantien sind, das heißt, falls der ESM Geld benötigt, richtet er sich an die entsprechenden EU-Länder und diese müssen dann den benötigten Betrag entrichten.
Das Hauptziel des ESM ist es, die Liquidität, das heißt die Zahlungsfähigkeit aller Mitgliedsstaaten, zu gewährleisten. Dies erreicht er, indem er an die kriselnden Ländern sehr günstige Kredite vergibt. Im Gegenzug müssen diese Länder strenge Sparauflagen befolgen. Somit sollen die Länder auf Dauer gesehen wieder unabhängig von Hilfen anderer Länder werden. Generell hat der ESM aber auch die Aufgabe, als eine Art Sicherheitsgarantie für Banken zu dienen. Normalerweise kriegt ein Staat von einer Bank Geld. Umso schlechter es dem Staat geht und umso mehr Schulden dieser hat, umso höher werden auch die Zinsen, die ein Staat für die Kredite bezahlen muss. Wenn aber nun ein Staat vom ESM unterstützt wird, hat die Bank mehr Sicherheit, dass dieser Staat zahlungsfähig bleibt. Die Zinsen werden somit niedriger und ein Staat kann sich billiger Geld leihen.
Was für einen Nutzen hat Deutschland davon?
Wir Deutschen kriegen kein Geld vom ESM, müssen aber am meisten für diesen bezahlen. Was bringt uns das? Für Deutschland und den Euro-Raum würde es wirtschaftlich und finanziell fatale Folgen haben, wenn ein Staat insolvent gehen würde. Diese zu verhindern, ist das eigentliche Motiv beim Aufbau des Euro-Rettungsschirmes. Allerdings muss man auch den sozialen und friedenspolitischen Aspekt in der Sache sehen. Durch die Europäische Union haben wir in Europa die längste Zeitperiode ohne Krieg. Durch das Ausscheiden einzelner Länder aus der Währungsunion könnte dieser Frieden gefährdet werden. Zudem sollte man immer sehen, dass es immer ganz konkrete Menschen sind, die in den Ländern leben. Diese würde man mit ihren Problemen alleine lassen. Das wäre sicherlich nicht im Sinne der europäischen Idee.
„Der ESM ist ein Ermächtigungsgesetz“
Dieses Zitat von Beatrix von Storch, der Vorsitzenden der „Zivilen Koalition“ drückt die Kritik am ESM gut aus. Es gibt zunächst sehr viele Dinge, die rechtlich unklar oder nicht nachvollziehbar sind. Als Beispiel ist zu nennen, dass der Gouverneursrat gerichtliche Immunität besitzt, das bedeutet, keiner der Mitglieder darf verklagt werden. Gleichzeitig dürfen diese ihr Gehalt selbst und geheim bestimmen. Einer der Hauptkritikpunkte ist, dass der ESM sein Volumen jederzeit erhöhen kann, das heißt wir Deutschen haben keine Garantie, dass der ESM nicht eines Tages mehr Geld braucht. Dann sind wir vertraglich dazu gezwungen, das zusätzlich benötigte Geld zu bezahlen, egal wie hoch dieser Betrag auch sein wird. Als zweiter Hauptkritikpunkt wird der Verstoß der sogenannten „Nichtbeistandsklausel“ gesehen. Die Nichtbeistandsklausel ist Teil des Vertrags von Maastricht und verbietet jeglichen finanziellen Ausgleich zwischen den einzelnen Euroländern.
Man sollte diese Kritik sehr ernst nehmen. Denn man kann durchaus die Gefährdung demokratischer Prinzipien in dieser Institution sehen. Doch ob ein finanzieller Ausgleich zwischen verschiedenen EU-Staaten sinnvoll ist, wird man erst in ein paar Jahren sagen können. Wenn man aber beispielsweise bedenkt, dass der deutsche Staat etwa vierzehn Mal mehr für den ESM ausgibt, als für Bildung und Forschung, so wird die finanzielle Größenordnung deutlich und man fragt sich, ob die Stabilität der Euro-Zone tatsächlich solch ein Ausgaben-Schwerpunkt sein sollte.
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