Der 9. November des Jahres 1989 ist ein Schicksalsdatum Deutschlands. Viele in der DDR-Bevölkerung kamen zu ihrem Ziel. Doch was war dieses Ziel? Wie sind sie dahin gelangt und vor allem: Warum gab es eigentlich die Mauer?
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„Niemand hat die Absicht, eine Mauer zu errichten“
Das ist wohl mit eines der berühmtesten Zitate zum Thema DDR und Mauerbau. Es stammt vom damaligen Staatsratsvorsitzenden Walter Ulbricht, der damit am 15. Juni 1961 auf die Frage eines westdeutschen Journalisten antwortete. Doch klar war, dass es sehr wohl die Absicht gab, eine Mauer mitten durch Berlin zu ziehen. Dieser „antifaschistische Schutzwall“, wie sie in der SED-Propaganda genannt wurde, sollte nämlich die Ausreise von immer mehr Bürgern der Deutschen Demokratischen Republik verhindern.
Schon kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurde klar, dass ein Konflikt zwischen der UdSSR und den Westalliierten unausweichlich bevorstand. Auf der Potsdamer Konferenz vom 17. Juli 1945 bis zum 2. August 1945 wurde Deutschland in drei und später in vier Besatzungszonen eingeteilt. Die Vereinigten Staaten und Großbritannien waren der Überzeugung, nur ein wirtschaftlich starkes Deutschland könne den Reparationszahlungen nachkommen. Dieser Meinung schloss sich spätestens 1948/49 auch Frankreich an, die sogenannte Trizone wurde gegründet, es gab eine Währungsreform in Westdeutschland und der parlamentarische Rat hatte mit den Frankfurter Dokumenten vom 1. Juli 1948 die Aufgabe, einen westdeutschen Staat zu konstituieren. In der sowjetischen Besatzungszone wurden jedoch die Weichen für einen kommunistischen Staat gestellt. Spätestens mit der Zwangsvereinigung von KPD und SPD zur Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands, der SED im Jahre 1946, wurde dies deutlich.
Mauerbau statt Exitus
Dies veranlasste viele Bürgerinnen und Bürger der DDR, das Land gen Westen zu verlassen. Bis zum 13. August 1961, dem Tag des Mauerbaus, folgten ca. 3,5 Millionen Menschen der Sehnsucht nach einer anderen Staats- und Wirtschaftsform mit freien Entfaltungsmöglichkeiten. Daraufhin veranlasste die DDR-Regierung, in Absprache mit der UdSSR, den Bau einer Mauer von 156,4 Kilometern Länge durch Berlin. Diese war damit der Inbegriff der deutschen Teilung und der rund 1.378 Kilometer langen innerdeutschen Grenze.
Noch in den Tagen des Mauerbaus flohen viele Ostberliner über noch offene Stücke in Richtung Westberlin oder sprangen aus Fenstern in den Westen. Mindestens 138 Menschen kamen bei Fluchtversuchen an der Berliner Mauer durch Grenzsoldaten der DDR ums Leben. Das erste Opfer war der gerade 24-Jährige Günter Litfin, der am 24. August 1961, elf Tage nach dem Bau der Mauer, versucht hat, durch den Berlin-Spandauer Schifffahrtskanal zu fliehen und von einer Kugel tödlich getroffen wurde.
Der Fall der Berliner Mauer
28 Jahre lang stand diese Mauer der Unterdrückung, die der Versuch einer unfähigen und repressiven Regierung war, ein ganzes Volk einzusperren. 28 Jahre lang versuchten Menschen über die innerdeutsche Grenze und die Mauer zu flüchten – Es starben Hunderte. 28 Jahre lang teilte sie Berlin in zwei Hälften und stand nicht nur für die deutsche Teilung, sondern für die Teilung der Welt in zwei große Blöcke. Doch im Jahre 1989 standen die Bürgerinnen und Bürger der DDR gegen das Unrechtsregime auf. Erste Forderungen waren Reisefreiheit, Ende der Repressionen, Presse- und Meinungsfreiheit und vor allem freien Wahlen in einem Rechtsstaat.
Den Startschuss zu den groß angelegten sogenannten „Montagsdemonstrationen“ bildeten die Ereignisse des 7. Oktober 1989, dem 40. Jahrestag der DDR. An diesem Tag wurde von Seiten der Polizei und der Staatssicherheit brutal gegen friedliche Demonstrationen in Ost-Berlin, Leipzig, Dresden und anderen Städten der DDR vorgegangen. Dieses Vorgehen erschütterte nicht nur die Weltöffentlichkeit, sondern erinnerte auch an das Massaker am Platz des Himmlischen Friedens in Peking rund vier Monate zuvor, am 4. Juni 1989. Doch die DDR-Führung machte diesen menschenverachtenden Fehler am 9. Oktober 1989 nicht, als 70.000 Menschen in Leipzig auf die Straße gingen.
Dieser Masse an Demonstranten schlossen sich auch Künstler und Schriftsteller an und forderten mit Rufen wie „Wir sind das Volk“ nach mehr Gerechtigkeit und Freiheit. Diese Ereignisse zwangen das Politbüro der SED zu Krisensitzungen am 10. und 18. Oktober. Hier wurden erstmals die Fehler der Regierung Honecker angesprochen, sodass der Generalsekretär der SED und Staatsratsvorsitzende Erich Honecker am 18. und 24. Oktober von seinen Ämtern enthoben wurde. Neuer Generalsekretär wurde Egon Krenz, der sich zwar um einen neuen Führungsstil bemühte, die Demonstrationen und Fluchten aus der DDR jedoch nicht aufhalten konnte.
Die Montagsdemonstrationen, die ihren Ausgangspunkt in Leipzig nach dem Friedensgebet in der Nikolaikirche hatten, fanden ihren Höhepunkt am 4. November in Ost-Berlin. Fünf Tage vor dem Fall der „versteinerte[n] Absage an die Menschlichkeit“, wie Richard von Weizsacker sie einst charakterisierte, kamen über eine halbe Millionen Menschen zusammen, um ihren Forderungen auf friedliche Art und Weise Gehör zu verschaffen.
Der Anfang vom Ende
Um 19.30 Uhr sendete die „Aktuelle Kamera“ im DDR-Fernsehen das, was auf der internationalen Pressekonferenz von SED-Politbüromitglied Günter Schabowski verkündet wurde: Alle DDR-Grenzen zur Bundesrepublik und nach Westberlin wurden geöffnet. Dies war der Todesstoß für die DDR und der Beginn eines Lebens in Freiheit für alle Bürgerinnen und Bürger Ostdeutschlands. Noch in der Nacht strömten Hunderttausende durch die Grenzkontrollen nach Westberlin und in die Bundesrepublik. Bis zum 12. November sollen es rund drei Millionen Menschen gewesen sein. Am 10. November begannen schon die Abrissarbeiten an der 156,4 Kilometer langen Berliner Mauer.
Mit den Worten des ehemaligen deutschen Bundeskanzlers und Bürgermeisters von Berlin Willy Brandt: „Nun wächst zusammen, was zusammengehört“, begann ein neues Kapitel deutscher Geschichte. Schon 327 Tage später, am 3. Oktober 1990, war die deutsche Einigung abgeschlossen. Die Berliner Mauer ist nun ein Relikt vergangener Tage und Zeugnis des zweiten Unrechtsregimes auf deutschem Boden. Über 40 Jahre lang waren Deutsche getrennt und über 28 Jahre lang durchzog eine Mauer Berlin und galt als Sinnbild für den Ost-West-Konflikt, für ein ohnmächtiges Regime, welches versuchte durch Repressionen, Zwang und Propaganda die Bevölkerung ruhig zu halten und sie schließlich einsperrte.
Auch wenn der Mauerfall erst 25 Jahre zurückliegt, so mag er uns doch weiter entfernt vorkommen. Die junge Generation von uns zumindest, die die Mauer nicht mehr kennengelernt hatte, steht fassungslos vor Bruchstücken aus Beton und Stahl und kann sich glücklich schätzen, in einem geeinten und freien Rechtsstaat zu leben. Der Mauerfall bildete den Schlusspunkt einer Epoche deutscher, europäischer und internationaler Geschichte.
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