Für ihre Lieblingsstadt Leipzig gibt Carina Weinmann alles. Ihr Traum: Leipzig soll die glücklichste Stadt Deutschlands werden. Vor rund einem Jahr gründete die 28-Jährige ihre Initiative “Leipzig lacht”. “Ich will leben. Durch die Straßen rennen und in lebendige Gesichter schauen, die vor Leben strahlen. Interaktion. Miteinander. Das Leben als großer Abenteuerspielplatz!, sagt die quirlige junge Frau. Lest mal, was sie alles veranstaltet.
„Freude machen macht Freude“
Geld verdient sie mit ihrem Projekt nicht, sie möchte Menschen glücklich machen: An einem Tag brachte sie Hunderte im Hauptbahnhof zum Singen, an einem anderen bejubelte sie mit Freunden die Fußgänger im Feierabendverkehr. Mit ihrem Team verabschiedete sie Reisende auf den Gleisen mit Taschentüchern und begrüßte Ankommende mit Umarmungen. Im Sommer malte sie mit vielen Leipzigern den ganzen Augustusplatz voll mit bunten Glückssprüchen und Smileys. Ostern versteckte sie mit und für Passanten Ostereier, im Alltag verschenkt sie kleine Aufmerksamkeiten an Freunde wie Fremde. Doch es geht um mehr: „Leipzig lacht soll über die Aktionen hinausgehen“, sagt sie: „Viele Leute können durch kleine Gesten glücklicher werden und diese Freude teilen. Freude machen macht Freude.“ Wissenschaftlich sei erwiesen: Jeder, der glücklich ist, macht auch sein Umfeld glücklicher. Jeder, der Andere glücklich macht, wird auch selbst glücklicher – ein Glückskreislauf.
Die Idee begeistert und so kommen zu jeder Aktion neue Menschen dazu. Bei einer der vergangenen Aktionen hat das Team von Leipzig lacht mit Schildern und Rasseln am Straßenrand gestanden, vorher hatten sie riesige Smileys auf die Straße gemalt– alles für die Teilnehmer des Leipziger Stadtlaufes. „Oft ist im Ziel viel Stimmung, aber die Leute entlang der Strecke feuern nur eine bestimmte Person an“, sagt Nicky Apitz, die selbst Läufer ist: „ An der Kurve kam ich viel zu schnell vorbei, weil ich so angefeuert wurde.“ Er selbst ist vor und nach seinem Lauf mit genauso viel Einsatz beim Anfeuern dabei. Fast alle Läufer lächeln, als sie an der bunten Gruppe vorbeilaufen. Manche winken und einige kommen sogar nach dem Lauf und bedanken sich. Nicky Apitz ist durch seine Sportbegeisterung zu Leipzig lacht gekommen. Er erfuhr, dass das Team im Clara-Zetkin-Park ein Start- und ein Ziel-Schild aufbauen und die Jogger mit Wasser, Motivationssprüchen und Medaillen beglücken wollte. „An dem Tag hatte ich eigentlich keine Zeit, doch ich fand die Aktion so cool, dass ich etwas beitragen wollte. Da habe ich ein paar Kanister Wasser gekauft, sie auf mein Fahrrad geschnallt und sie in den Park gebracht“, erzählt er.
„Glück ist ein Weg“
Geld macht nicht glücklich – diesen Spruch würden alle kennen, doch wenige beherzigen, sagt Carina Weimann. Was beeinflusst das Glücklichsein wirklich? Zu 50 Prozent sei es eine Typfrage, ob man das Glas halb voll oder halb leer sieht. Zehn Prozent seien bedingt durch die Lebensumstände, wie ein sicheres Einkommen und eine Familie. Um die restlichen 40 Prozent geht es bei Leipzig lacht. Die könne man selbst beeinflussen – jeden Tag auf‘s Neue. „Oft fiebern wir nur auf etwas hin – das neue Auto, die Beförderung, den Traumpartner“, sagt Carina Weimann: „Wir denken: Wenn ich das habe, bin ich glücklich.“ Es ist erwiesen, dass das Glückslevel dann kurzzeitig steigt, doch nach einiger Zeit sei es wieder auf dem gleichen Stand wie vorher. „Die einzige Methode, glücklich zu werden ist, es jeden Tag aufs Neue zu versuchen. Glück ist kein Ziel, sondern ein Weg“, sagt Weimann, die sich über fünf Jahre mit der Glückstheorie beschäftigt hat. Das erfolgreichste Mittel dazu sei, Andere glücklich zu machen.
Was Glück nicht ist, hat Carina Weimann ausgerechnet im Fünf-Sterne Hotel unter der Sonne Spaniens gelernt. Als studierte Eventmanagerin organisierte sie eine dreimonatige Veranstaltung für einen Autokonzern. „Doch ich merkte, dass das nicht das ist, was ich will“, sagt sie: „Ich will Lebensfreude verbreiten und nicht Marketing in Millionenhöhe betreiben. Damals war mein ganzer Lebensplan erstmal geplatzt.“ Sie wechselte mehrmals den Job, reiste durch Südamerika, fühlte sich heimatlos. Nach ihrer Rückkehr fiel sie erstmal in ein Loch. Sie rappelte sich auf und fand eine neue Arbeit. Zufrieden war sie aber nicht. „Ich wusste, da ist noch mehr und ich muss für mich herausfinden, ob das geht.“ Sie kündigte erneut: „Ich bin gesprungen“, sagt sie. Seitdem hat sie einfach gemacht: Sie grübelte, verpackte ihre Gedanken in Grafiken, vernetzte sich auf Facebook und bei Gründerstammtischen. Drei Monate später stand das Konzept für Leipzig lacht und Carina Weimann legte los.
„Leipzig macht Unmögliches möglich“
„Das Geld verdienen konnte ich erstmal knicken. Aber das darf nicht im Fokus stehen“, sagt sie. Im vergangenen Jahr kümmerte sie sich in Vollzeit ehrenamtlich um Leipzig lacht. Sie lebt von Ersparnissen und organisiert Workshops. Auf lange Sicht möchte sie ihren Verein durch Sponsoring, Spenden und Aktionen in Unternehmen finanzieren. Manche Leute würden bei den Aktionen zuerst erschrecken und eine Partei oder eine Werbeaktion vermuten. „So etwas wie uns gab es einfach noch nicht vorher“, sagt Weimann. Doch die meisten würden dann einfach mitmachen. Am Tag nach einer Aktion findet sie auf ihrer Internetseite Kommentare wie: „Mit Lachmuskelkater aufgewacht. SCHÖN!“
Jeden ersten Mittwoch im Monat lädt Carina Weimann dazu ein, sich neue Aktionen auszudenken und vorzubereiten. Jeder Neuling wird schon auf dem Weg mit einem blauen Kreidesmiley begrüßt und natürlich kommt das Lachen nicht zu kurz. Im Büro am Lindenauer Tapetenwerk ist die Stimmung locker, die Diskussionen beherzt und produktiv. Silke Thomalsky kam im Juni zu ihrer ersten Leipzig lacht-Aktion. Das war einen Tag nach ihrem Umzug aus Wiesbaden. Jetzt ist sie bei jedem Leipzig lacht- Treffen dabei. „Man gibt viel, aber man hat das Gefühl, man kriegt das Doppelte zurück!“, sagt sie über Leipzig lacht: „Ich bin eher introvertiert. Aber was ich in Leipzig an Nettigkeit und Offenheit erlebt habe, ist so schön, dass ich das weitergeben möchte.“
Auch Carina Weimann nahm früher das Leben alles andere als leicht, schon als Jugendliche war sie perfektionistisch und oft gestresst: „Doch da, wo die größte Schwäche liegt, ist oft das größte Potential“, sagt sie und lächelt. Die gebürtige Paderbornerin fühlt sich hier richtig wohl: „Ich bin verliebt in die Stadt und deswegen möchte ich auch hier etwas bewegen. Ich glaube, dass Leipzig das hinkriegt: Die Leipziger haben schon früher gezeigt, dass scheinbar Unmögliches möglich ist.“ Doch sie möchte es mit ihrem Verein auch für Begeisterte in anderen Städten einfach machen, sich anzuschließen. „Vielleicht läuft die Aktion unter dem Namen Feel Freude auch mal irgendwann in ganz Deutschland.“ Für Leipzig wünscht sie sich kleine Inspirationen zum Glücklichsein in der ganzen Stadt. „Ich werde oft belächelt, aber das wurden schon viele, die etwas Neues gewagt haben. Ich nehme das als gutes Omen.“
Franz
Ich halte es für wichtig, dass sich in Städten (aber auch gerne im ländlichen Raum) immer wieder junge, kreative Organisationen gründen, die sich neue Ideen ausdenken und mit viel Motivation anpacken. Nur so können wir eine vielfältige und aufgeklärte Gesellschaft bilden und bleiben nicht in alten verkrusteten Strukturen stecken.
Ich bin davon überzeugt, dass diese Initiative einen wunderbaren Beitrag dazu leistet, das gleiche gilt natürlich auch für F1rstlife
Vielen Dank für diesen Artikel, der hilft, dieser Initiative öffentliche Aufmerksamkeit zu schenken!