Die katholische Kirche befindet sich im Wandel. Neue Impulse gehen dabei nur selten von den hauptberuflichen Würdenträgern aus. Vielmehr wird vermehrt der Einsatz von den Gläubigen gefordert. Aber kann eine Herde auf sich selbst Acht geben, oder braucht es einen Hirten?!
Im wunderschönen Biosphärenreservat Rhön wurden im November tausende Rhönschafe von den Weiden geholt. Hirten und Hütehunde hatten allerhand zu tun. Sie mussten bei dem Treiben den Überblick behalten und die Herden auf sicheren Wegen in den Stall führen. „Der gute Hirte kennt seine Schafe und ruft sie einzeln beim Namen.“ Das Sinnbild des guten Hirten dient bis heute als Vorlage für das Bischofsamt. Nicht zuletzt der neue Bischofsstab des neu eingeführten Limburger Bischofs Georg Bätzing veranschaulicht den Imperativ „Weide meine Lämmer – Hüte meine Schafe“ gleich in zweifacher Art und Weise. Zum einen der Hirtenstab selbst als Symbol für die Hirtenrolle, zum anderen die kunstvolle Ausgestaltung des Stabes mit verschiedenen Menschen als Motiv. In einem ersten Entwurf waren es Schafe. Schafe durch Menschen zu ersetzen, sollte in diesem Zusammenhang jedoch weniger kränkend aufgefasst werden als vielmehr fürsorglich und kümmernd gemeint sein.
Verantwortung übernehmen und wahrnehmen
Die Aufgabe eines Amtsträgers ist es, sich der Menschen anzunehmen, ihnen immer wieder neu vor Augen zu führen, was das gemeinsame Ziel ist und worauf es ankommt. Dabei sollte der Amtsträger darauf achten, dass jeder Einzelne zu seinem Recht kommt. Das Amt selbst und die damit verbundene Funktion sind übertragen. Sowohl in Demokratien wie auch in der Kirche.
Als Bürger darf man politische Entscheidungen und Arbeiten an gewählte Vertreter abgeben. Es nicht die Aufgabe des Bürgers, sich ständig mit aktuellen politischen Ereignissen befassen zu müssen. Man schenkt einem gewählten Politiker sein Vertrauen, damit dieser die Aufgaben stellvertretend für den Wähler wahrnimmt.
Neue Aufgaben
In der Kirche beobachtet man seit geraumer Zeit einen gegenläufigen Trend. So neigen immer öfter Priester und Bischöfe dazu, die Verantwortung auf Gläubige abzuwälzen. Gebetsmühlenartig wird dabei wiederholt, dass es in der heutigen Zeit auf jeden Einzelnen ankomme und sich auch Laien mehr einbringen müssen. Den neuen Duktus kann man u. a. bei Kardinal Woelki erkennen, der kürzlich ausführte, dass nicht “die Kirche”, sondern jeder Einzelne von uns und wir gemeinsam als Kirche gerufen und herausgefordert seien, die Veränderungen in Kirche und Gesellschaft als unsere Aufgabe heute zu begreifen. Er findet sogar noch deutlichere Worte: „Solch eine Neuevangelisierung ist nicht allein die Aufgabe von (ausreichend) Priestern, sondern von allen Getauften.“
Das Priesteramt ist unverzichtbar
Das Priesteramt erscheint essentiell wichtig für eine funktionierende Kirche zu sein und es besteht nicht ohne Grund. Könnten die Aufgaben durch Laien ebenso gut übernommen werden, so wäre es obsolet.
Wie unsinnig käme uns ein Hirte auf der Weide vor, der seinen Schafen erklärt, dass diese von nun an sich nicht mehr einzig auf Hirten und Hütehund verlassen sollen, sondern dass es ab sofort vielmehr Aufgabe jeden einzelnen Schafes sei, darauf zu achten, dass die Herde zusammenbleibt. Wie viel Vertrauen wird durch solche Aussagen genommen und wie viel mehr Verantwortung wird dabei eingefordert? Sollte sich der Gläubige nicht besser voll und ganz dem Glauben widmen können?
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