Rund 6.000 US-Dollar ist eine Bitcoin derzeit wert. Und damit circa 1.300 Prozent mehr als noch Anfang 2016. Die digitale Währung erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Doch was steckt hinter dem Cyber-Geld? Ein Bericht über den Sinn und Unsinn des digitalen Zahlungsmittels.
Keine Münzen, keine Scheine, kein Geldbeutel. Nicht einmal ein Konto ist nötig, um Bitcoins zu besitzen oder damit zu bezahlen. Es reichen einfache Codes, die man entweder in einem elektronischen Geldbeutel auf Smartphone oder PC abspeichert oder sich auf einem Stück Papier notiert. Darüber hinaus stehen Bitcoins für einen sicheren und anonymen Zahlungsverkehr, ohne Bank und ohne staatliche Überwachung. Selbst das Geld wird ohne zentrale, kontrollierende Instanz produziert und transferiert.
Bitcoins erzeugen und kaufen
Bitcoins werden nicht wie Münzen geprägt oder wie Scheine gedruckt, sondern sie werden errechnet, und zwar von einem Computer oder besser gesagt von vielen Computern. Wer zuerst eine komplizierte Mathematikaufgabe löst, darf 12,5 Bitcoins (umgerechnet über 70.000 US-Dollar) einstreichen. Diesen Schritt nennt man auch Mining (zu deutsch: schürfen). Das passiert im Schnitt alle zehn Minuten. Die Lösung der Aufgabe wird publiziert und von anderen Bitcoin-Minern validiert. Danach gibt es eine neue Rechenaufgabe und der Wettlauf um die nächsten Bitcoins geht von vorne los.
Doch um in den Besitz von Bitcoins zu kommen, braucht man sich nicht an diesem Wettstreit beteiligen. In zahlreichen Börsen kann man gegen „echtes“ Geld Bitcoins eintauschen, wie man eben auch an der Bank Euro in US-Dollar umtauschen kann.
Hardware-Wettrüsten
Je schneller die Computer rechnen können und je mehr man von ihnen einsetzt, desto eher ergattert man die begehrten Bitcoins. Das hat zu einem absurden Hardware-Wettrüsten geführt. Reichten dafür früher noch ein paar Rechner in einer Garage, braucht man heute ein ganzes Rechenzentrum, um die immer komplizierter werdenden Rätsel zu lösen. Alternativ kann man sich als einzelner auch einem sogenannten Pool anschließen. Jeder stellt ein gewisse Rechenleistung zur Verfügung. Wird die „Mathematikhausaufgabe“ schnell genug erledigt, teilen sich die Mitstreiter des Pools das Geld untereinander auf.
Aberwitziger Energieverbrauch
Mittlerweile werden schon Rechenzentren aufgebaut, die ausschließlich für das Bitcoin-Errechnen eingesetzt werden. Der Energieverbrauch ist enorm. Laut qz.com verbraucht etwa das Rechenzentrum im chinesischen Ordos mit 25.000 Computern so viel Strom wie 12.000 Haushalte. Pro Tag fallen Energiekosten in Höhe von 40.000 US-Dollar an und das, obwohl der chinesische Strom vergleichsweise günstig ist und dem Rechenzentrum ein zusätzlicher Preisnachlass von 30 Prozent gewährt wird.
Chinesische Vormachtstellung
Bei Bitcoins gibt es keine kontrollierende Instanz, wie etwa eine Nationalbank einer Landeswährung, die den Umfang des Geldes, das in Umlauf gebracht wird, überwacht. Allerdings ist durch den zugrunde liegenden Algorithmus sichergestellt, dass die Bitcoins-Erstellung gedeckelt ist und nicht beliebige viele Bitcoins generiert werden können.
Dennoch ist es zu problematischen Konstellationen gekommen. Nach Zahlen der Plattform buybitcoinworldwide.com kommen die größten acht Bitcoin-Miner alle aus China. Insgesamt haben die Miner aus dem Land der Mitte demnach einen Rechenanteil von über 80 Prozent. Das ist einerseits kritisch, wenn sich etwa die Gesetzgebung bzgl. Bitcoins in China plötzlich ändern sollte. Auf der anderen Seite ist der Bitcoin-Algorithmus manipulierbar, wenn ein Bitcoin-Erzeuger mehr als 50 Prozent der weltweiten Rechenkraft auf sich vereinigt. Würden sich also alle chinesischen Miner zusammenschließen, hätten sie das locker erfüllt.
Sicheres Geld?
Die verwendete Technologie, die sogenannte Block Chain, gilt als quasi fälschungssicher. Unsicher kann allerdings die eingesetzte Software sein. Durch einen Softwarefehler wurde im Jahr 2010 eine Transaktion über 184 Milliarden Bitcoins (heute über eine Billiarde US-Dollar) als valide erkannt. Das gesamte Bitcoin-Netzwerk musste gestoppt werden, die Transaktion rückgängig gemacht und der Fehler behoben werden. Ob das heute noch mögliche wäre, ist fraglich.
Genauso wie echtes Geld können Bitcoins auch gestohlen werden. Wenn z.B. die Codes, die die Bitcoins repräsentieren, von einem Rechner, Smartphone oder einer Onlinebörse durch einen eindringenden Hacker ausgespäht werden. Im Jahr 2011 etwa wurde die Bitcoin-Online Börse Mt.Gox angegriffen. Der Hacker konnte sich 500.000 Bitcoins gutschreiben.
Anonymität im Darknet
Zwar sind alle Transaktionen, die je mit Bitcoins getätigt wurden und werden, öffentlich, allerdings weiß keiner, wer sich hinter dem Pseudonym verbirgt, das die Transaktion durchführt. Die Bitcoin-Nutzer können also absolut anonym bleiben, ohne dass Banken oder Behörden die finanziellen Schritte einer Person zuordnen können. Das erleichtert es kritischen Regimegegnern im Verborgenen zu arbeiten, aber auch kriminellen Verbrechern im Darknet. Beim Verkauf von illegaler Ware kann man genauso unerkannt bleiben, wie beim Erpressen von Bitcoins. Der Virus WannaCry, der dieses Jahr im Mai weltweit für Aufsehen sorgte, forderte die Besitzer der befallenen Rechner auf Bitcoins zu überweisen, wenn sie wieder die Hoheit über ihre Daten erlangen wollten.
Angebot und Nachfrage
Zwar ist die Erzeugung von Bitcoins gedeckelt und somit kann es nicht zu einer unkontrollierbaren Inflation kommen. Allerdings gibt es durch diese Festlegung auch kaum Steuerungsmechanismen für den Kurs der Bitcoins in Relation zu anderen Währungen. Am 20. Oktober stieg etwa der Bitcoin-Kurs innerhalb von zwei Stunden um mehr als 300 US-Dollar. Es scheint nur eine Frage der Zeit zu sein, wann der im Moment vollkommen überzogene Kurs einbricht, wie etwa im Jahr 2013, als innerhalb von einer Woche der Wert um 80 Prozent zurückging.
Bitcoins und Vertrauen
Hier kommt das Vertrauen ins Spiel. Wie (fast) alle Währungen funktionieren auch Bitcoins vor allem durch Vertrauen. Ist das Vertrauen futsch, werden sich immer weniger Verkäufer finden, die das Geld als Zahlungsmittel akzeptieren. Die Cyber-Währung kann also wertloser werden bis hin zur vollkommenen Entwertung, wie bei ganz normalem Geld.
Bei Bitcoins kommt hinzu, dass kein Staat oder echtes Gold als Gegenwert das Vertrauen oder auch Misstrauen erhöhen. Damit unterliegen Bitcoins ausschließlich der Psychologie des Marktes.
Resümee – Bitcoins nicht nur Wahnsinn
Die Bitcoin-Erzeugung wird letztlich von der Bitcoin-Community gesteuert und hat damit demokratische Züge. Das Fehlen einer zentralen Kontrollinstanz hat sowohl Vor- als auch Nachteile. Genauso wie die Anonymität im Bitcoinverkehr. Problematisch sind nach wie vor die enormen Kursschwankungen, im Moment ein steiler Anstieg, dem vermutlich – früher oder später – eine deutlichen Kurskorrektur folgt. Das fördert allerdings auf lange Sicht nicht gerade das Vertrauen in die Bitcoins. Vertrauen das bei dieser Währung notwendiger ist als bei jeder anderen.
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