Es ist der 23. Dezember 1918. Der Erste Weltkrieg ist gerade einmal seit einem Monat vorbei und die Probleme der späteren Weimarer Republik zeichnen sich bereits ab. Inmitten dieser Geschehnisse wurde an eben jenem Tag ein Junge namens Helmut Heinrich Waldemar Schmidt geboren. In Hamburg beginnt sein Leben und immer wird er dieser Stadt aufs Tiefste verbunden bleiben.
Die Familie Schmidt
Für Helmut Schmidt war seine Schulzeit äußerst prägend. Das Gymnasium war musisch und künstlerisch ausgerichtet. Schmidt hielt der Musik sein ganzes Leben lang die Treue. Er beherrschte das Klavierspielen und suchte in der Musik, wie auch im Segeln, Entspannung und Erholung. Seine Begeisterung für die bildenden Künste zeigte sich auch während seiner Zeit als Bundeskanzler von 1974 bis 1982. In dieser Zeit ließ Schmidt das Bundeskanzleramt mit zahlreichen Kunstleihgaben ausstatten. Sogar als Verteidigungsminister rief er schon die Big Band der Bundeswehr ins Leben.
Geprägt wurde er vor allem durch die Liebe zu seiner 2010 verstorbenen Frau Hannelore „Loki“ Schmidt. Das erste Mal begegneten sich beide im Jahre 1929 im Alter von zehn Jahren. Schmidt sagte einmal, dass sie eine tiefe Freundschaft verbunden habe, die im Laufe des Erwachsenwerdens zur Liebe reifte. Am 27. Juni 1942 heirateten Hannelore Glaser und Helmut Schmidt. Sie bekamen zwei Kinder, von denen jedoch eines im ersten Lebensjahr verstarb. Ihre Ehe währte 68 Jahre lang.
Nationalsozialismus und Kriegsjahre
Helmut Schmidt war nie ein Nationalsozialist, dennoch wollte der jugendliche Schmidt im Alter von 14/15 Jahren, wie alle anderen auch, der Hitlerjugend beitreten. Zu diesem Zeitpunkt erfuhr er, dass sein Vater adoptiert wurde und dessen leiblicher Vater jüdischer Abstammung gewesen war. Schmidt trat dennoch, bzw. musste, in die sogenannte Marine-Hitlerjugend. Dort wurde er allerdings 1936 rausgeworfen, da ihm sonst seine „freche Klappe“, wie Schmidt später selber sagte, zum Verhängnis geworden wäre.
1937 wurde er zur zweijährigen Wehrpflicht eingezogen und während des Krieges erreichte Schmidt den Rang eines Oberleutnants. Er ließ sich aus Scham den kämpfenden Soldaten gegenüber von der Reserve an die Front versetzen. Einem Ermittlungsverfahren wegen kritischen Bemerkungen über Hermann Göring konnte er dank seiner Offiziere entgehen. Diese versetzten ihn nämlich stets von einem Frontabschnitt zum nächsten, sodass eine Anklage in den Wirren der letzten Kriegswochen und Monate nicht mehr zustande kam.
Auf dem Weg durch feindliche Gebiete zurück nach Hamburg kam er in britische Kriegsgefangenschaft. Hier wurde der 26-jährige Helmut Schmidt, der zuvor nur geschichts- und literaturinteressiert war, mit dem Gedankengut der Sozialdemokratie konfrontiert. Dort fand er die für ihn wichtigen Prinzipien der sozialen Gerechtigkeit und des sozialen Ausgleichs in einem politischen Programm miteinander vereint wieder. Durch diese Erfahrungen trat er kurz nach seiner Entlassung im August/September 1945 in die SPD ein.
Schmidt im Nachkriegsdeutschland
Eine seiner schwierigsten Aufgaben meisterte Helmut Schmidt wohl im Februar 1962, als Hamburg durch eine verheerende Sturmflut verwüstet wurde. Als Innensenator der Stadt Hamburg nahm Schmidt die Koordination in die Hand und schaffte es mit Hilfe der NATO und der Bundeswehr, hunderte Menschen zu retten. Diese Aktion sicherte ihm bei den Hamburger Bürgern Wohlwollen und Respekt. Schmidt sagte später, dass er im Krieg gelernt hatte, nicht die Nerven zu verlieren sowie die innere Gelassenheit zu bewahren, was ihm in solchen Situationen stets von Vorteil war.
Unter Bundeskanzler Willy Brandt war Schmidt von 1969 bis 1972 Verteidigungsminister, sowie von 1972 bis 1974 Bundesminister für Wirtschaft und Finanzen. Nach dem Rücktritt Willy Brandts wurde Helmut Schmidt am 16. Mai 1974 zum fünften Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland gewählt. In seine Amtszeit fielen unter anderem der Terror der RAF, die Entführung Hans-Martin Schleyers, die Entführung des Flugzeuges „Landshut“ in Mogadischu, oder der NATO-Doppelbeschluss. Zunehmende wirtschaftliche Probleme machten der Bundesrepublik zu schaffen und der Koalitionspartner FDP näherte sich immer mehr der oppositionellen CDU unter Helmut Kohl an. Als am 1. Oktober 1982 der konstruktive Misstrauensantrag nach Artikel 67 des Grundgesetzes zugunsten Kohls ausfiel, endete Schmidts Amt als Bundeskanzler.
Helmut Schmidt nach seiner Zeit als Bundeskanzler
Nachdem er das Amt des Bundeskanzlers ablegen musste, verlor er immer mehr die Unterstützung seiner Partei, sodass er am 10. September 1986 seine Abschiedsrede im Bundestag hielt. Nichtsdestotrotz stand er, laut eigener Aussage, noch immer im Dienst der „salus publica“, des öffentlichen Gemeinwohls. Von 1983 bis zu seinem Tod war er unter anderem Mitherausgeber der Zeitung „Die Zeit“ und verfasste Artikel und Bücher zu Fragen der Tagespolitik und wichtigen Themen der Zeit. Auf die Frage, was für ihn das Wichtigste im Leben war, antwortete er im letzten Jahr: „Für mich ist das Wichtigste, sich Aufgaben zu stellen, Aufgaben zu begreifen und danach zu streben, die verstandenen Aufgaben bestmöglich zu erfüllen“.
Es zeigt sich, dass für Schmidt die Pflichterfüllung an höchster Stelle stand. Helmut Schmidt, der Mann, der statistisch wohl schon mehr als eine Millionen Zigaretten in seinem Leben geraucht hat, starb am 10. November mit 96 Jahren. Er ist für uns heute aber immer noch von Bedeutung: Er stand immer hinter der Idee eines im Frieden vereinten Europas, galt dennoch auch als kritischer Beobachter der innerdeutschen, europäischen, wie auch der internationalen Politik. Schmidt bezeichnete beispielsweise die Fragen und Diskussionen rund um den Klimawandel als „hysterisch überhitzt“. Für ihn waren diese Fragen weniger wissenschaftlicher, denn politischer Natur.
Als Altkanzler und einer der letzten „großen Denker“ war Helmut Schmidt ein unverzichtbarer, kritischer Geist in unserer Gesellschaft. Seine offene und direkte Art hatte er sich bis zu seinem Tod am 10. November 2015 bewahrt.
Anmerkung der Redaktion: Dieser Beitrag wurde erstmals am 23. Dezember 2014 bei f1rstlife veröffentlicht. Aufgrund der Resonanz und Aktualität haben wir ihn hinterher nochmals überarbeitet.
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