Ich befinde mich im Moment in Bali, besser gesagt in Canggu. Meine Familie und Freunde halten mich über Corona in Deutschland auf dem Laufenden. Doch wie ist es in Indonesien? Soll ich nach Hause fliegen oder hierbleiben und wie reagiert die Regierung? Ein Lagebericht aus Canggu.
Das Gefühl
Seit mehr als einer Woche bin ich nun wieder in meiner Wahlheimat Canggu. Zuvor war ich auf Familienbesuch in Deutschland, bei dem noch alles ruhig schien. Als ich vor einer Woche aus dem Flieger stieg – der by the way voll war – war alles normal.
Die Passagiere mussten eine Gesundheitskarte ausfüllen und damit bestätigen, dass sie sich gesund fühlen und in welchen Ländern sie in den vergangenen 14 Tagen waren. Kurz vor der Einreisebehörde wurde (nicht bei allen) Fieber gemessen und schon war ich wieder im Land.
Als ich von Deutschland abgereist war, war noch alles einigermaßen normal. Jeder war noch arbeiten und scherzte über den Virus. Deshalb hatte ich mich auch entschieden, wieder zu meinem Freund nach Canggu zu fliegen. Jetzt, eine Woche später: Horror-Nachrichten aus Europa: Pandemie, Hamsterkäufe, Quarantäne. Und hier in Canggu?
Die letzte Woche war noch alles absolut entspannt. Dass die Menschen hier Mundschutz tragen, ist durch die Abgase völlig alltäglich. Keine Hamsterkäufe, volle Strände und tanzende Menschen in den Clubs. Ich fühlte mich sicher.
Mit Freunden wurde über das Virus gesprochen: solle man heimfliegen oder bleiben? Doch die immer höher werdenden Zahlen der Infizierten in Europa schrecken eher ab, nach Hause zu gehen, da es dazu vergleichsweise in Bali ruhig zugeht.
Fälle
Anfang März sind die zwei ersten Fälle des neuen Coronavirus in Bali nachgewiesen worden. Dabei handelt es sich um eine Mutter und eine Tochter, wie Präsident Joko Widodo den Medien mitteilte. Die beiden hätten Kontakt mit einem infizierten japanischen Touristen gehabt. Die 53-jährige Touristin ist leider verstorben. Die meisten Neuinfizierungen hat die Hauptstadt Jakarta und auch Java meldet vermehrte Fälle.
Maßnahmen der Regierung
Seit dem 20. März dürfen Reisende, die in den letzten 14 Tagen in Südkorea, China, Iran, Italien, Spanien, Vatikan, Frankreich, Deutschland, Schweiz oder England waren, nicht mehr einreisen. Meiner Meinung nach viel zu spät. Auch das Verlängerungs-Visum gibt es nicht mehr. Somit kann man nur noch für 30 Tage kostenlos einreisen. Zuvor konnte man noch einmal 30 Tage verlängern.
Wir haben von der Regierung erst einmal gar nichts mitbekommen. Sie hielt sich die letzten Wochen sehr bedeckt. Auch aktuelle Zahlen oder Maßnahmen kamen viel zu spät.
Die Gili-Inseln, so hieß es, werden geschlossen, um die Menschen auf den Inseln zu schützen. Was aber wirklich passiert ist, ist nur, dass die Speedboote eingestellt wurden. Man kann immer noch ziemlich günstig von Denpasar nach Lombok fliegen und von dort mit dem Boot auf die Inseln fahren. Allgemein bekommt man von der Regierung und deren Entscheidungen nicht viel mit, was Angst macht. Auch Zahlen der Infizierungen sind schwer herauszufinden.
Die Lage in Bali (Canggu)
Erst seit Freitag, dem 20. März, schlossen die Clubs und Bars nach und nach. Aber wirklich Last-Minute. Mein Freund ist DJ und sollte bis zwei Stunden vor der Veranstaltung noch auflegen. Und dies geschah auch meiner Meinung nach nur, weil die Leute in den Social Media Druck machten. Da viele, mich eingeschlossen, es einfach nur respektlos und verantwortungslos fanden, so weiter zu machen, als wäre nichts geschehen.
Auch seit dieser Woche findet man mehr und mehr Desinfektionsmittel in Yoga-Studios und Einkaufsläden. Doch der Aufruf, zu Hause zu bleiben, bleibt bis heute aus.
Nach gut einer Woche: Die Insel ist leer! Innerhalb von einer Woche leerte sich Canggu extrem. Ich wohne hier nun seit sieben Monaten und nie sah ich leere Straßen, Restaurants und Studios. Normalerweise ist der Verkehr der absolute Horror, die Strände sind überfüllt. Jetzt ist die Luft klarer, der Stresspegel wieder unten und der Strand entspannend leer.
Aber natürlich ist das für die Einheimischen eine Katastrophe. Das ist, denke ich auch, der Grund, warum von Seiten der Politik mit den Schließungen so lange gewartet wurde. Die Einheimischen und viele Geschäftsleute sind abhängig vom Tourismus. Viele Leute wurden entlassen und müssen deshalb nach Hause fliegen. Kurzarbeit, Quarantäne, schnelle medizinische Versorgung oder Unterstützung von der Regierung? Fehlanzeige.
Ich verstehe, dass die Menschen in Deutschland Angst haben und sich in der Quarantäne langweilen. Doch jeder sollte sich bewusstwerden, welch ein Glück es ist, von der Regierung unterstützt zu werden und den Arbeitsplatz noch gesichert zu haben. Die Menschen hier verlieren alles und werden einfach entlassen.
Wie es für mich weitergeht, weiß ich noch nicht. Es ist schwierig, das zu entscheiden, wenn man in Deutschland eigentlich nichts mehr hat. Trotzdem verstehe ich, wenn meine Familie möchte, dass ich nach Hause komme, da die medizinische Versorgung in Indonesien einfach nicht so gut ist wie die in Europa. Sollte es also hier zu einem genauso schnellen Anstieg der Erkrankten kommen, denke ich, dass das Land überfordert sein wird.
Auch wie lange noch Flüge nach Deutschland fliegen, ist ungewiss. Ich hoffe sehr, dass die Regierung bald bessere Regelungen und Maßnahmen preisgibt, um dadurch die Bevölkerung zu schützen.
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