Im Frühjahr 2020 ließ der Lockdown im Zuge des Coronavirus die Natur regelrecht aufatmen. Weltweit wurde ein Rückgang der Emissionen um 4,6 Prozent verzeichnet. Im Kampf gegen die Klimakrise wird das Coronavirus jedoch kaum von langfristigem Nutzen sein.
Während der Alltag der Menschheit im März geprägt war von Verzicht und viel Zeit zu Hause, schienen Social Distancing und Homeoffice einem zugute zu kommen: dem Planeten. Eingeschränkte Mobilität, kaum vorhandener Flugverkehr und der verringerte Betrieb von Industrien führten zu weniger Emissionen von Treibhausgasen in diesem Zeitraum. Resultate dieses klimafreundlicheren Verhaltens ließen nicht lange auf sich warten. In China, wo jährlich über eine Million Menschen an durch verschmutzte Luft hervorgerufenen Folgeerkrankungen sterben, verbesserte sich die Luftqualität so drastisch wie noch nie zu vor. Satellitenbilder der US-amerikanischen Raumfahrtbehörde NASA zeigen eine Abnahme des Stickstoffdioxid-Ausstoßes in China von Anfang Januar bis Mitte Februar um rund 30 Prozent. Zudem erreichte die Wasserqualität in Venedig durch den ausbleibenden Tourismus ein so hohes Niveau, dass in den glasklaren Kanälen sogar Fische zu sehen waren. Weltweit schienen Tiere ihre Lebensräume wieder zurückzuerobern.
Kurzfristig verringerte Luftbelastungen, langfristige Schadstoffe
Geringere CO2-Emissionen bewirkten im ersten Quartal dieses Jahres akute Verbesserungen der Luft- und Lichtbelastungen, die sich besonders in Städten bemerkbar machten. Jahrelang angesammelte Schadstoffe in Böden und Gewässern sowie Treibhausgase in der Luft können durch einige Wochen veränderter Umwelteinwirkungen jedoch nicht beseitigt werden. Momentan versuchen Fabriken in China, durch mehr Produktion als vor dem Lockdown, die verlorene Zeit des Frühjahres wieder aufzuholen. Folglich hat die Luftqualität in Chinas Städten bereits wieder Normalwerte erreicht. Die akuten Verbesserungen sind bereits Geschichte.
Darüber hinaus steckt hinter der Annahme, die Corona-Krise hätte nur umweltfreundliche Entwicklungen gefördert, nicht die gesamte Wahrheit. Um die Ausbreitung des Virus einzudämmen, nahm wiederum der Einsatz von Einweghandschuhen, Masken sowie verpackten Lebensmitteln anstatt wiederverwendbarer Becher rapide zu. Außerdem entwickelte sich aus demselben Grund ein Trend in Richtung privater Mobilität, während die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel zurückging. Des Weiteren verzeichnen Brasilien und Indonesien, laut Berichten des WWF, mangels offizieller Kontrollen und schlechterer Sicherung von Naturschutzgebieten eine Abholzungsrate, die weltweit im Vergleich zu Beginn der Pandemie einen Anstieg von 50% aufweist.
Die Klimakrise als zweitrangige Krise
Mit längerem Andauern von Covid-19 und der damit in Verbindung stehenden Wirtschaftskrise wird Klimaschutz angesichts einer Rezession zunehmend zum Luxusproblem. Kürzungen von Umweltbudgets, der Verzicht auf mögliche wirtschaftsbremsende Maßnahmen und Einsparziele stehen auf der Agenda. Der Druck, klimarelevante Bestrebungen zu unterlassen, intensiviert sich. Die Verschiebung der UN-Klimakonferenz 2020 in Glasgow wegen Covid-19 auf das kommende Jahr trägt ebenfalls nicht unbedingt positiv zur weiteren Verfolgung der Klimaziele bei.
Was nach der Pandemie bleibt
Die Hoffnung, dass sich einige positive Trends für die Umwelt im menschlichen Verhalten manifestieren, bleibt aufrechterhalten. Homeoffice und Videokonferenzen ermöglichen eine effizientere, kostengünstigere und auch umweltschonendere Alternative zum Pendeln und Geschäftsreisen, die teils mit enormen Emissionen einhergehen. Gleichermaßen könnte der gesellschaftliche Zusammenhalt, welcher während der Corona-Krise erfahren wurde, die entsprechenden Ressourcen bieten, um den Klimawandel als gesamtgesellschaftliche Aufgabe in Angriff zu nehmen.
Historische Rebound-Effekte nach Krisen
Seriöse Prognosen zu langfristigen Auswirkungen der Corona-Krise auf Emissionswerte von Treibhausgasen können noch nicht abgegeben werden. Frühere, vergleichbare Wirtschaftskrisen werden hingegen als Maßstab herangezogen. Dabei steht außer Frage, dass während einer Rezession mangels fehlender finanzieller Ressourcen das Konsumverhalten eingeschränkt ist und es infolgedessen zu weniger umweltschädlichem Verhalten kommt.
Als Paradebeispiel für die Entwicklung von Emissionswerten nach einer Krise aus naher Vergangenheit eignet sich besonders die Weltwirtschaftskrise 2008. Während der gesunkene Wohlstand ein leichtes Absinken der CO2-Bilanz im Folgejahr herbeiführte, erreichten die Emissionen zwei Jahre später bereits einen neuen Rekordwert. Ähnliche Entwicklungen konnten bei der großen Depression im Jahr 1929 und nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion beobachtet werden. Alle diese Krisen haben gemeinsam, dass geringfügig verringerte Emissionen in den Folgenjahren aufgeholt und somit neue Emissionsrekorde gebrochen wurden. Die Corona-Krise hat die Erderwärmung also nicht verlangsamt. Langfristig bleiben wohl doch nur Änderungen im Konsumverhalten, innovative Entwicklungen und politische Maßnahmen, um der Klimakrise zu entkommen.
Karl Lehmann
Ein ausgezeichneter Artikel
G.
Für den Umweltschutz und die Klimakrise sind junge Menschen, die sich dafür einsetzen und wach rütteln einer der wenigen Lichtblicke!
Edith Lehmann
Ausgezeichneter Beitrag weiter so
Simon
Good job bro
Dave
Good work 😉
Well done!