Die “alten” Gewohnheiten kommen wieder: endlos am Handy scrollen, den Tee kalt werden lassen, nicht aufräumen. Wie wir diesem Spinnennetz entkommen und wieder Struktur in unser Leben bringen.
Wenn du nicht gerade in einem sehr beschäftigten Beruf arbeitest oder sogar noch studierst, hast du es mit Sicherheit schon festgestellt: New rules. Irgendwie ist nichts mehr, wie es vorher war. Unsere Welt steht Kopf und die Regeln ändern sich mit jedem Tag, die Hoffnungen befinden sich eher auf einem mäßigen Tiefpunkt. Der Verlust unserer Routine macht sich nicht nur dadurch bemerkbar, dass wir das Haus nicht mehr verlassen. Es sind vielmehr die kleinen Dinge und Pflichten, die vielleicht wegfallen oder hinzukommen und das überfordert uns immens.
1. Offline ist das neue Online
Ich habe mich total gefreut, als meine Uni dieses Semester das „Digitale Semester“ angekündigt hat. Wie genial ist es bitte, nicht mehr das Haus verlassen zu müssen, um an Vorlesungen teilzunehmen (an einer staatlichen Uni)? Doch jetzt läuft es seit einigen Wochen schon so und irgendwie ist es komisch. Als müsste ich alles wieder neu lernen. Die Gruppenarbeiten entfallen oft ganz oder werden durch seperate Videochats ersetzt und genau abgetimed. Irgendwie fühle ich mich wesentlich müder und unmotivierter, indem ich die ganze Zeit auf den flackernden Bildschirm schaue und den Inhalten zu folgen versuche. Irgendwie neigt man mehr dazu, alles etwas schleifen zu lassen.
2. Die alten Freuden
Wo ich früher manchmal dem Abend auf der Couch entgegengefiebert habe, um meine Lieblingsserie zu schauen, hängt mir heute so ein Abend zum Hals heraus und ich wünsche mir, endlich wieder in ein Lokal gehen zu können, um etwas Schönes trinken zu gehen und über Belanglosigkeiten zu quatschen. Durch die Ausgangsbeschränkungen komme ich mir ein kleines Bisschen so vor wie jemand, dem seine Sozialkompetenz komplett abhanden gekommen ist. Mit einem Partner zusammenzuleben ist ein Segen, besonders in dieser Zeit. Denn so kann man zumindest die viele gemeinsame Zeit als etwas Positives verbuchen, wofür sonst manchmal nicht so viel Zeit war. Es ist für mich auch kaum noch vorstellbar, dass sich unsere Wege zur Arbeit trennen werden, sobald das Leben wieder normal sein wird.
Auf der einen Seite ist es sehr positiv, aber vielleicht gewöhnt man sich dauerhaft doch zu sehr an die Gemütlichkeit zu Hause und verfällt in ein monotones Leben, in dem jeder Tag irgendwie gleich aussieht und wie im Flug vorübergeht.
3. Homeoffice auf dem Sofa
Homeoffice ist eigentlich gar nicht schlecht, doch kommt es dir so vor, als hättest du wesentlich weniger Freiheit und viel mehr zu tun. Tatsächlich ist es sogar von Studien bewiesen worden, dass die Menschen im Homeoffice wesentlich mehr arbeiten, als am Arbeitsplatz außerhalb von zu Hause. Die gesamten Tätigkeiten laufen nur noch zu Hause ab und so läuft man sogar Gefahr, dass dir die Rezepte ausgehen oder der Aufwand zu groß ist, mal etwas Neues auszuprobieren.
Aber da schafft das Internet Abhilfe; online finden sich abertausende großartige Rezepte, die köstlich sind und wenn nicht jetzt, wann dann? Beim Homeoffice kann man aber auch etwas Flexibilität einbauen: Einfach raus auf den Balkon und zumindest etwas frische Luft tanken, während man arbeitet. So kann man zumindest ein minimales Bisschen Abwechslung erreichen, das einem guttun sollte.
4. Fitnesstudio adé
Seien wir mal ehrlich, es ist uns schon vor der Coronakrise schwergefallen, uns zum Fitness zu motivieren und aufzuraffen, um ein paar Gewichte zu stemmen. Aber im Moment geht die Fitness unseren Körpers im Allgemeinen nach unten und das Körpergewicht signifikant nach oben. Es ist gemütlich, abends bei einem Gläschen Wein zu plaudern oder vielleicht die ein oder andere Tüte Chips zu naschen. Das neuartige Problem daran? Wir haben keinerlei Balance, bei der wir die überschüssigen Kalorien loswerden können.
Wo wir früher vielleicht noch zur Arbeit gelaufen sind oder uns spontan mit Freunden verabredet haben, haben wir jetzt fast nur noch unsere vier Wände. Eigentlich müssten wir jetzt auch viel weniger essen, um nicht aufzugehen, wie Hefeteig. Oder eben die unbequeme Tour nach draußen wagen, wo wir Gefahr laufen könnten, uns anzustecken (extrem formuliert). Wir müssen jetzt besonders aufpassen, nicht in eine Gemütlichkeit zu verfallen, aus der wir nicht wieder rauskommen. Denn es wird irgendwann soweit sein, dass wir wieder normal zur Arbeit oder Uni gehen und uns uneingeschränkt draußen bewegen können. Und bis dahin sollten wir uns gut um unseren Körper sorgen.
5. Die Brieffreundschaft
Ja, wir kennen es alle von früher: Manchmal haben wir uns den ganzen Tag darauf gefreut, abends mit unseren Freunden auszugehen… bis es abends war und wir uns vom Sofa quälen und anziehen mussten. Der eine oder andere hat sich mit Sicherheit schon mal eine Notlüge überlegen müssen, weil er doch vielleicht zu müde oder zu faul war. Nach dem Absagen haben wir uns erleichtert wieder auf das Sofa plumpsen lassen und uns doch irgendwie schuldig gefühlt.
Im Moment ist es nunmal so, dass wir uns nicht treffen können. Obige Geschichte entfällt also zum Glück. Aber wir müssen uns dazu zwingen, auch unsere sozialen Kontakte zu pflegen und sie nicht verkümmern zu lassen. Wir bilden uns ein, dass wir so viel zu tun hätten, aber wir haben mit Sicherheit die eine oder andere Minute Zeit, uns bei unseren Freunden und Verwandten zu melden, um für sie da zu sein oder einfach um zu zeigen, dass sie uns wichtig sind. Wir müssen aufpassen, dass wir nicht in dieser Gemütlichkeit versinken, in der wir morgens nur noch zwischen der grauen und der schwarzen Jogginghose wählen müssen.
Insgesamt ist die Situation sehr fordernd und alles andere als gewöhnlich. Wir müssen uns alle adaptieren, neue Arten und Routinen entwickeln. Wir müssen aber auch lernen, den Spinnennetzen auszuweichen, die gerade im Moment besonders stark und zahlreich sind, jetzt, wo wir keine Routinen mehr haben, die uns Sicherheit geben.
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