Der blutige Ostersonntag in Sri Lanka ist jetzt bereits zwei Wochen her. Was sonst für Christen der Höhepunkt des Kirchenjahres ist, war dort in diesem Jahr dessen traurigster Tiefpunkt: Die grausame Anschlagsserie ist mithin Anzeichen einer Christenfeindlichkeit, die weltweit bedrohliche Ausmaße angenommen hat. Weder Verleugnung und Ignoranz noch das Schüren von Hass gegenüber dem Islam und dessen Stigmatisierung sind jedoch adäquate Reaktionen darauf, wie die letzten Wochen abermals gezeigt haben.
Der südasiatische Inselstaat Sri Lanka stand Ostern in besonders tragischer Weise im internationalen Medien-Fokus: Über 300 Tote und mindestens 500 Verletzte in mehreren Luxushotels und Kirchen des Landes. Eines Landes, das von einem früheren Bürgerkrieg wegen tiefer ethnischer Konflikte geprägt wurde und die jahrelange tödliche Gewalt nur vermeintlich hinter sich gelassen hat:
“Wir haben noch am Ostersonntag mit einem Bischof aus Sri Lanka gesprochen, mit Valence Mendis aus Chilaw, das 80 Kilometer nördlich der Hauptstadt Colombo liegt. Er hat uns gesagt, dass der Terror für die christliche Gemeinschaft völlig überraschend kam. Seit dem Ende des Bürgerkriegs vor zehn Jahren ist die Lage auf der Insel relativ ruhig geblieben – abgesehen von kleineren Übergriffen. Es hat die Katholiken dort unvorbereitet und brutal getroffen. Mittlerweile gibt es Nachrichten, dass die Geheimdienste etwas wussten über entsprechende Vorbereitungen. Darauf hat auch der Kardinal von Colombo hingewiesen und gefragt: Warum habt ihr uns nichts gesagt?” berichtet Tobias Lehner von der katholischen Menschenrechtsorganisation Kirche in Not.
Christen werden weltweit bedrängt
Christenverfolgung ist ein nahezu weltweites Phänomen und so alt wie das Christentum selbst. Schon in der Bibel wird von den Bedrängnissen der jungen Christengemeinden im Römischen Reich berichtet. Bisher nicht gekannte Ausmaße nahm die Gewalt gegen Christen indes im blutigen 20. Jahrhundert an. Insbesondere unter den menschenverachtenden Großideologien Nationalsozialismus, Nationalismus und Kommunismus reichte sie von Verhaftungen, Enteignungen, Versammlungsverboten bis hin zu Massakern, Mord und Völkermord.
Wider die grundfalschen Reaktionen auf Gewalt gegen Christen
Doch auch im 21. Jahrhundert ist das Christentum weltweit die am stärksten unterdrückte Glaubensgemeinschaft. Die in den Vereinten Nationen zusammengeschlossenen Staaten haben sich zum Schutz der Menschenrechte, darunter auch der Religionsfreiheit, sowie vor Verfolgung und Völkermord verpflichtet, doch es geschieht zu wenig. Besonders im Nahen Osten schrumpfen christliche Gemeinden wegen der kontinuierlichen Gewalt seit Jahren. Beispielhaft dafür war jüngst das Schicksal der pakistanischen Christin Asia Bibi.
Dennoch führt das Thema Christenverfolgung in den westlichen Ländern noch viel zu oft allenfalls ein Nischendasein. Schlimmer noch: Es wird heruntergespielt, ignoriert, geleugnet. Symptomatischer Beleg dafür: Ex-US-Präsident Barack Obama nennt die in den Kirchen Sri Lankas ermordeten Christen nicht beim Namen; er bezeichnet sie vielmehr als “Oster-Beter”, um den Begriff “Christen” nicht verwenden zu müssen. Ulrich Ladurner schreibt in der Zeit daher zu Recht von einer traurigen “Weigerung, zu beschreiben, was ist.”
Genauso unsäglich ist jedoch auch jedwede politisch motivierte Instrumentalisierung terroristischer Anschläge, um Hass auf Muslime zu schüren, wie es immer wieder insbesondere von Vertretern rechtspopulistischer bis rechtsradikaler Parteien und Bewegungen gemacht wird – und bei einem Blick in die Kommentarspalten digitaler Medien anscheinend bei vielen häufig verfängt. Rhetorische Ignoranz á la Obama bedeutet jedoch nur Wasser auf den Mühlen derer, die nur ihrem Groll Luft machen wollen. Letztlich darf bei islamistisch motiviertem Terror laut Lehner von Kirche in Not nicht ausgeblendet werden: “Man muss sich eines klarmachen: Extremismus bedeutet, dass Muslime unter den Islamisten genauso leiden. Es trifft die gesamte Bevölkerung.”
Mehr Einsatz für weltweite Religionsfreiheit für alle
Es verbietet sich die Verharmlosung und sprachliche Verschleierung der weltweiten Verfolgung und Gewalt gegen Christen genauso wie deren Verzweckung, um Ressentiments schürende Pauschalurteile gegen andere Religionsgemeinschaften und ihre Anhänger zu verbreiten. Es braucht noch viel, um die Debatten sachgerechter, klarer, differenzierter und vor allem zielführender auszurichten. Und das Ziel muss sein: mehr international abgestimmter Einsatz für weltweite Religionsfreiheit mit effektiveren Vereinbarungen, Hilfen und Engagements im Schulterschluss letztlich mit friedliebenden Anhängern aller Religionen und für diese.
Dabei kann gerade Christen hierzulande die Lage ihrer bedrängten Brüder und Schwestern in Sri Lanka und anderswo nicht gleichgültig lassen. Auch sie könnten und sollten daher im Rahmen des Möglichkeiten noch mehr Solidarität in Tat und Gebet mit all jenen üben, die nicht so frei und gefahrlos ihren Glauben leben können wie bei uns. Lehner bringt es auf den Punkt: “Wenn wir das nicht tun, geraten diese Christen in Vergessenheit – und das wäre das Schlimmste.”
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