2019 ist eines der blutigsten Jahre für Christen. Das hat das päpstliche Hilfswerk “Kirche in Not” mit dem Solidaritätstag für verfolgte Christen in Erinnerung gerufen. In Augsburg war mit Father Mussie Zerai ein Gesprächsgast anwesend, der die Dimension von religiöser Gewalt deutlich machte. Betroffen von der Verfolgung in Afrika sind übrigens nicht nur Christen.
In unserem Land ist die Religionsfreiheit nicht nur eine Selbstverständlichkeit – sie findet ihren Niederschlag auch im Grundgesetz. Artikel 4 Absatz 1 des Grundgesetztes legt fest: „Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.“ Was in Deutschland gelebte Praxis ist, bleibt in anderen Ländern ein Traum. In vielen Ländern der Welt werden Menschen aufgrund ihres Glaubens verfolgt. Besonders oft sind von dieser Verfolgung Christen betroffen.
So etwa im afrikanischen Eritrea: „Das Land ist seit über zwanzig Jahren eine kommunistische Diktatur. Vor allem der Wehrdienst, der für Männer und Frauen gleichermaßen gilt, ist eine Form organisierter Sklaverei“, sagte der eritreische Priester Mussie Zerai auf dem Solidaritätstag für Verfolgte Christen in Augsburg, der von „Kirche in Not“ organisiert wurde. Zerai lebt nicht mehr in Eritrea, er darf in sein Heimatland nicht mehr zurückkehren. In Rom koordiniert der Priester die seelsorgliche Arbeit der eritreischen Kirche in ihren europäischen Gemeinden – diese werden immer größeren, da immer mehr Menschen Eritrea verlassen. Das liegt an vielen Gründen, etwa auch am Wehrdienst. „Den jungen Leuten werden so ihre besten Jahre genommen“, klagt Mussie Zerai.
Eritrea: Staat schließt kirchliche Krankenhäuser und Schulen
In Eritrea würde zudem die Kirche bedrängt, berichtete der Priester weiter. Der Grund: Ihr soziales Engagement. Vermehrt geht der Staat in seinem Heimatland gegen die Kirche vor. „Im Juni und Juli dieses Jahres wurden 29 kirchliche Krankenhäuser vom Militär gewaltsam geschlossen“, so Zerai. Der eritreische Staat definiert sich selbst als der einzige Träger für Bildung, Sozialwesen und gesundheitliche Angebote. Ein entsprechendes Gesetz aus dem Jahr 1995 wurde lange nicht umgesetzt – nun aber beginnen die staatlichen Autoritäten, nicht nur Krankenhäuser in kirchlicher Trägerschaft zu schließen, sondern auch Schulen. „Die Bischofe haben sich in einem Hirtenbrief klar dazu geäußert – dann begannen die Übergriffe“, erklärte der eritreische Priester.
Nicht nur Christen von Repressalien betroffen
Mussie Zerai resümiert: „Die Regierung betont, es herrsche Religionsfreiheit. Aber sobald die Kirche die Sakristei verlässt, geht die Regierung gegen sie vor.“ Die Repressalien betreffen dabei nach Aussagend es Priesters nicht nur die katholische Kirche. Auch orthodoxe Christen und Muslime sind betroffen, schlimmer noch die Angehörigen von Freikirchen. Nicht selten verschwinden Menschen – ihr Verbleib: unbekannt.
2019: Eines der blutigsten Jahre für Christen
Doch nicht nur in Eritrea steht es um die Religionsfreiheit schlecht bestellt. Das wollte das päpstliche Hilfswerk „Kirche in Not“ mit dem Solidaritätstag für verfolgte Christen in Erinnerung rufen. Florian Ripka, Geschäftsführer des Hilfswerks, bezeichnete 2019 als eins der blutigsten Jahre für Christen seit jeher. „Kirche in Not“ versucht zu helfen, wo Christen verfolgt werden und leiden. So in Syrien: Dort werden Gottesdienste für die Hinterbliebenen getöteter Christen gefeiert. „Dank der Großherzigkeit unserer Wohltäter konnten wir allein in Syrien seit 2001 über 36 Millionen Euro einsetzen und 850 Projekte fördern“, so Ripka.
Christenverfolgung im Irak
Auch im Irak unterstützt Kirche in Not leidende Christen. In der Niniveebene wurden viele Christen vom Terror des Islamischen Staates (IS) vertrieben. Viele von ihnen konnten mittlerweile zurückkehren – und stehen vor Trümmern. Ein wichtiger Stützpunkt für den Aufbau ihrer Heimat das „Niniveh Reconstruction Center“, das sich in der Nähe von Mossul befindet und vom päpstlichen Hilfswerk „Kirche in Not“ begründet wurde. Langsam, aber sicher kehrt wieder so etwas wie Alltag in die Niniveebene ein: Menschen beginnen nicht nur, die zerstörten Häuser wiederaufzubauen; sie eröffnen auch Geschäfte und Cafés. Das ist eine Herausforderung: Funktionierende Wasserleitungen gibt es noch nicht, die Stromversorgung hängt an störanfälligen Generatoren.
Ein Funke Hoffnung
„Ohne die Unterstützung der Kirche hätten wir damals nicht überleben können. Und so ist es auch jetzt noch: Würde Kirche in Not nicht helfen, ginge hier nichts voran“, meint Amjeed Tareq Hano, der am Aufbau mitarbeitet. Bereits mehr als zweitausend Häuser wurden mit der Unterstützung des Hilfswerks wiederaufgebaut. Trotz der Herausforderungen blickt Amjeed mutig in die Zukunft. Für ihn ist der Irak Heimat. Er will nicht gehen, auch wenn viele Freunde in das Ausland gehen. „Mit Gottes Hilfe will ich mein Leben in meiner Heimat, dem Irak, verbringen. Ich danke allen, die das möglich machen“, sagt er.
Dieses Leid der Christen, aber auch die Mühe um den Wiederaufbau will „Kirche in Not“ in den Focus rücken – besonders mit dem Solidaritätstag für verfolgte Christen. „Lange dämmerte das Thema Christenverfolgung unter der Decke des Verschweigens dahin. Endlich ist es gelungen, das Thema wieder aufzuwecken. Dafür danke ich Kirche in Not“, sagte der Diözesanadministrator von Augsburg, Prälat Dr. Bertram Meier.
Dieser Beitrag entstand in freundlicher Kooperation mit Kirche in Not.
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