Seit vielen Jahrzehnten unterstützt „Kirche in Not“ pastorale Projekte in Ländern, in denen Christen verfolgt und an den Rand der Gesellschaft gedrängt werden. Durch die Jahresauftaktveranstaltung 2024 des pastoralen Hilfswerkes zog sich folgende Frage wie ein roter Faden: Was konkret können wir tun? Manchen mag die Antwort überraschen.
Was konkret können wir tun, um verfolgten Christen in den unterschiedlichsten Ländern der Erde beizustehen? Wenn es nach Oliver Dashe Doeme, Bischof des schwer unter Boko Haram leidenden Bistums Maiduguri im Nordosten von Nigeria geht, lautet die Antwort: Beten. Beten. Und nochmal: Beten.
Der äußerlich anhand von Brustkreuz und Soutane klar als solcher erkennbare Bischof war eigens für die Veranstaltung von „Kirche in Not“ aus Nigeria nach Köln angereist. Diejenigen, die den Bischof vom Flughafen abgeholt hatten, wussten zu berichten, dass der Bischof bereits vier Rosenkränze mit ihnen gebetet hatte. Schmunzelnd fragte einer von ihnen, bei welchem Bischof einer deutschen Diözese man das wohl erleben würde.
Boko Haram in Nigeria
Für Bischof Oliver Dashe Doeme ist Boko Haram eine akute Bedrohung. Mehr als 1.000 seiner Gläubigen hat die islamistische Terrororganisation bereits ermordet, darunter auch Familien und Priester. Katholiken sind in seiner Diözese in der klaren Unterzahl; weniger als 5 % der Einwohner sind katholisch.
Ob er Angst habe, wird der Bischof aus Nigeria sinngemäß gefragt, und lässt ein klares Nein erkennen. Auch wenn Gläubige ihm dazu geraten haben, sein Privathaus künftig nur noch inkognito zu verlassen, will der Bischof weiterhin klar als solcher erkennbar bleiben. Er fürchtet sich nicht: „Der Rosenkranz beschützt mich“.
Ein Erlebnis der besonderen Art
2014, auf dem Höhepunkt der Verfolgungen durch Boko Haram, hatte der Bischof von Maiduguri eine besondere Gotteserfahrung: Während des Gebetes in seiner Privatkapelle bemerkte der Bischof plötzlich, dass eine weitere Person im Raum war. Diese kam langsam auf ihn zu und übergab ihm ein Schwert, das sich in einen Rosenkranz verwandelte. „Boko Haram wird weggehen“, lautete die Botschaft aus dieser besonderen Begegnung. Und die Botschaft ging in Erfüllung: Seitdem hat die Verfolgung durch Boko Haram nachgelassen.
Eine Mitursächlichkeit dafür sieht der Bischof darin, dass die Gläubigen seines Bistums noch intensiver darum gebetet haben. So finde in seiner Diözese vor jeder heiligen Messe eine ganze Stunde lang eucharistische Anbetung statt: „Die Quelle unserer Stärke ist die Eucharistie“, betont der Bischof.
Die Kraft des Gebetes
Die Kraft des Gebetes zog sich auch durch die Zeugnisse der weiteren Referenten und Diskutanten von „Kirche in Not“: „Ohne das Gebet könnten wir die oft sehr schwierigen Situationen, vor denen wir stehen, gar nicht aushalten“, bekannte Regina Lynch, die 2023 neu bestellte Exekutivpräsidentin von „Kirche in Not“ (ACN) International. Bereits seit 1980 arbeitet sie in der Zentrale von ACN International in Königstein im Taunus und weiß von Begegnungen mit verfolgten Christen zu berichten, die sie „bis heute nicht vergessen kann“. Angesichts der Glaubensstärke verfolgter Christen fragte sie: „Was würde ich tun? Hätte ich diese Stärke?“
Auch Pater Dr. Anton Lässer CP, seit 2023 Internationaler Geistlicher Assistent bei ACN International, gab Einblicke der besonderen Art: Vor seinem Leben als Priester war Lässer Unternehmensberater gewesen. An einem Abend nach Abschluss eines großen Beratungsprojekts hatte Lässer die Gottesmutter Maria gebeten: „Wenn es Dich gibt und ich etwas Vernünftigeres tun kann (als ich jetzt tue), gib es mir zu erkennen.“ Zwei Wochen später absolvierte Lässer Exerzitien und erlangte die innere Gewissheit, dass der Priester werden soll.
Gedanken für die Kirche in Deutschland
Der in inneren Lagerkämpfen befindlichen Kirche in Deutschland gab Pater Dr. Lässer folgenden Gedanken mit: Der gemeinsame Einsatz für verfolgte Christen – eigentlich eine Selbstverständlichkeit – könnte die verschiedenen Lager verbinden. Man sei innerkirchlich oft viel zu sehr mit Kämpfen zwischen „Konservativen“, „Progressiven“ und weiteren Gruppen beschäftigt. Die gemeinsame Sorge um verfolgte Christen könne da erfrischen und zusammenschweißen. Zugleich ein wahrhaft ökumenisches Projekt.
Eine andere Beobachtung wagte der in Rom promovierte Theologe mit Blick auf die Kirche in Deutschland: Während die Kirche hierzulande finanziell abgesichert sei und man deshalb wenig davon spüre, was „abhängig sein von Gott“ bedeute, erlebten Christen in anderen Ländern ganz existentiell, was es heiße, auf Gott zu vertrauen. Ohne damit eine Wertung vornehmen zu wollen, erkläre dies vielleicht, warum Christen in anderen Ländern ihren Glauben tiefer erlebten.
Um auf die im Titel gestellte Frage zurückzukommen: Wie die Arbeit von „Kirche in Not“ zeigt, können wir verfolgten Christen selbstverständlich auch durch finanzielle Unterstützung helfen. Dabei sollte es jedoch nicht allein bleiben.
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