Der Festivalspaß geht weiter und hält noch viele Überraschungen bereit. Ein Bericht von der Festivalreporterin Andrea Schöne.
© Dunja Kuster / Radio Pegasus
Auf, auf in den Bühnengraben
So nah war ich den Bands noch nie. Direkt im Bühnengraben. Vor mir stehen die riesigen Boxen und das Gitter, welches die Zuschauer von der Bühne trennte. Ich klettere auf eine der Boxen und teste wie ich am besten das Aufnahmegerät zur Bühne halte. Nebenbei winke ich meinen Freunden zu, welche mich neidisch betrachten. Wer will denn nicht den Bands einmal so nahe sein?
Dann beginnt die Irish Folk Band auch schon zu spielen und die Menge gerät in Tanzstimmung. Ich ebenfalls und tanze mitten auf einer Box mit meinem Aufnahmegerät direkt vor der Bühne rum bis ich völlig außer Puste bin. Irish Folk lädt einfach immer zum Tanzen ein. Beim Aufnehmen muss ich allerdings immer strengstens die Richtlinien aller Bands verfolgen. Bei der Band Caliban werde ich von der Security nach dem dritten Bild aus dem Bühnengraben vertrieben. Natürlich durfte ich auch nur Ausschnitte der ersten Lieder aufnehmen und danach gar nichts mehr. Das Bandmanagement will auch nicht, dass Caliban nach dem dritten Lied fotografiert wird, da die Bandmitglieder danach nicht mehr so gut aussehen wie am Anfang. Und die Band Madsen will nicht nur nach dem dritten Lied nicht mehr fotografiert werden, Aufnahmen jeglicher Art sind untersagt, weil Live-Aufnahmen nicht so gut klingen und die Leute sich lieber die Band einfach anhören sollen.
Lieblinge der Region – “Das ist so das inoffizielle Bandwohnzimmer”
Wenn Robert Meyer auf der Bühne steht, dann jubeln ihm alle seine Schüler zu. Hauptberuflich ist er Lehrer in Eichstätt. Aber schon seit 14 Jahren spielt er bei der Irish Folk Band „Tir nan Og“ Gitarre und singt. Zunächst hat er zusammen mit dem Gitarristen bei Crossover-Band gespielt, aber sie hatten nie einen Auftritt, weil Robert meint „es ist sehr schwierig mit seiner eigenen Musik zu landen.“ Beide arbeiteten zufällig im Irish Pub und wussten, dass sie dort mit einer Irish Folk Band auftreten könnten. Das Irish Pub „Fiddlers Green“ in Eichstätt wurde zur ersten großen Auftritts-Location und ist auch heute noch das inoffizielle Bandwohnzimmer.
Nach Auftritten im Pub, kleineren Eröffnungsfeiern, spielen sie nun auch auf Festivals wie dem Open Air am Berg. „Eichstätter Open Air ist natürlich Heimspiel.“, meinte Robert. Und damit hat er Recht. Die ersten Reihen waren von seinen jungen Fans gefüllt, nämlich seinen Schülern. Robert ist Gymnasiallehrer für Englisch und Geografie in Eichstätt. Ein Leben als Musiker und Lehrer ist für ihn kein Problem und verändert auch nicht das Lehrer-Schüler-Verhältnis im Unterricht. „Es ist tatsächlich weniger stressig, als ich mir das ursprünglich vorgestellt hab. Irische Volksmusik da sind halt auch oft mal Sauflieder dabei und was, wo man auf der Bühne ziemlich abgehen kann. Ich hab damit noch nie Probleme gehabt. Montags gehst du in die Schule und es ist alles wieder so wie vorher. Das finde ich eigentlich gut. Das hängt aber bestimmt auch mit meinen Schülern zusammen.“, erzählt Robert. Ab und zu nimmt er auch die Gitarre mit in den Unterricht.
Cora von der Thrash-Metal-Band AntiPeeWee aus Abensberg in der Nähe von Regensburg, hat ebenfalls einen starken Bezug zu Eichstätt. Sie studiert nämlich in Eichstätt im sechsten Semester Kultur und Medien und schreibt gerade an ihrer Bachelorarbeit. Auch zahlreiche andere Bandmitglieder haben andere Berufe. Sie sind Küchenchef oder Bauzeichner. Die Band wurde 2006 als Punk-Gruppe gegründet, vor drei bis vier Jahren sind die Bandmitglieder ihrer Meinung nach aus ihrer Punk-Zeit herausgewachsen und haben ihre alte Leidenschaft, den Metal, wiedergefunden. Jemals mit der Musik aufzuhören, daran denkt keiner aus der Band. PeeWee meint darüber wie lange er noch Musik machen wird: „Bis ich unter der Erde liege. Mir gefällt es, mit den Leuten zu herumzuscherzen und neue Leute kennenzulernen. Das ist einfach der Wahnsinn.“
Ende dieses Jahres erscheint das neue Album namens „Madness Unleashed“. Dort wird die Musik noch schneller, düsterer, enthält mehr Sozialkritik als Party.
Internationaler Aspekt
Doch nicht nur regionale Bands finden auf dem Open Air eine gelungene Plattform. Nein, es ist auch international besetzt. So beispielsweise mit der italienischen Ska-Band RedSka. Ihre Musik ist eine Mischung aus verschiedenen Stilen. Eine Prise Ska, gemischt mit antifaschistischer Musik, Reggae und Punk. Kurz, sie lieben jede Musik from Jamaika und Europa. Hauptsache man kann gut dazu tanzen und Spaß haben. Die italienische Lebensfreude brachte RedSka auch mit auf das Festival. Ihre Musik handelt vor allem von politischen und gesellschaftskritischen Themen. Zugleich will die Band ihre Botschaft gegen Rassismus und Homophobie weitergeben.
Über ihre Musik sagen sie selbst: „We play punk music. We have the punk attitude. But we aren’t punk. We are polite. We have no skin, but we all love this culture.” Die Bandmitglieder führen selten Interviews. Das haben sie meiner Freundin Dunja und mir erzählt, aber uns überzeugten sie besonders mit ihrer quirligen und lebensfrohen Art. Zum Schluss singen sie extra für uns sogar noch ein typisches Lied aus der Romagna vor.
Internationale Band locken auch internationale Festivalbesucher an: So kam auch ein Student aus Pennsylvania nach Eichstätt. Er hat zwei Semester „International Business and Finance“ in Nürnberg studiert. Über einen Freund namens Joe kam er auf das Open Air. Besonders gefällt ihm der Mix der Musik auf einem Festival. Er erzählt auch ein bisschen über seine Festivalerfahrungen in den USA: “In my hometown we have a festival called Music Fest. It’s an ten-day festival in August. When I was a kid it was really fun. But it kind of sought out. It’s more mainstream music.” Die Musik auf dem Open Air dagegen gefällt ihm umso besser.
Highlight für alle
„Ich hab mich gefragt, wo will ich hin und macht mein Leben wirklich einen Sinn und mir wird klar. Ich war nur blind. Denn ich bin da wo es beginnt. …“ So beginnt der Hit „Wo es beginnt“ von der Rock-Band Madsen. Das Festivalgelände ist brechend voll, von allen Seiten werde ich hin und hergeschoben. Madsen will einfach jeder sehen. Die Band hat sich auch selbst Bands angesehen wie die „Abstürzenden Brieftauben“, eines der größten Idolen aus ihrer Jugend. Die „Abstürzenden Brieftauben“ machen relativ einfache Punkmusik. „Um gute Musik zu machen, muss man nicht mehr als drei Akkorde auf der Gitarre können. Das ist schon etwas was mich heute noch beeindruckt, wenn man es gut macht. Und die Brieftauben machen es sehr unterhaltsam, geschickt und lustig“, meint der Gitarrist und Sänger Sebastian sehr beeindruckt. Auf dem Elefantenbuckel bei Eichstätt, mitten auf dem Land, fühlen sich die Jungs besonders wohl. „Wir sind richtige Landeier. Wir kommen von einem winzigen Dorf, wo es in einem Umkreis von ein paar Kilometer nichts gibt. Und das brauchen wir auch. Die Großstadt ist auch wichtig, aber zum sich Zurückziehen und kreativ werden, eignet sich Land sehr gut.“
Alles findet einmal ein Ende…
Sonntagmorgen, der Berg ist wieder zur Ruhe gekommen. Ich bin todmüde und erschöpft. Ein Wochenende Festival ist anstrengend. Und die Nächte dank Dauerbeschallung von schlechter Hintergrundmusik durch die lieben Zeltnachbarn kurz. Ich beginne mit meinen Freunden aufzuräumen und das Zelt abzubauen. Ein bisschen Wehmut kommt auf, dass das Wochenende so schnell zu Ende gegangen ist. Aber es hat sehr viel Spaß gemacht und ich freue mich schon sehr darauf, wenn der Berg wieder zu rocken beginnt.
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