Huch, eine neue Funktion bei Whatsapp! Die wenigsten Nutzer werden daran gedacht haben, dass schon wenige Stunden später eine heiße Diskussion darüber entsteht. Dabei kam besonders eine Meinung in den Vordergrund: „Sofort abschaffen! Diese Häkchen zerstören Beziehungen!“ Das kann man natürlich als total lächerlich abtun und auch ich muss sagen, im ersten Moment war mir nicht ganz klar, was diese Nutzer mit ihren Äußerungen meinten. Doch wenn man etwas darüber nachdenkt, kommt man schnell darauf, dass diese blauen Häkchen nur die Spitze des Eisbergs sind und deshalb auch wieder abgeschafft werden sollen.
Unterschwellig zeigt sich hier ein großes Problem unserer Gesellschaft: In den vergangenen Jahren haben sich die technischen Möglichkeiten rasant gesteigert, was seine Vor- und Nachteile hat. Das lernt heutzutage schon jedes Grundschulkind. Ernst genommen wird dies aber von den wenigsten. Vielleicht sitzt du nun auch vor diesem Artikel und denkst dir: „Ach schon wieder so eine, die hier Moralpredigten halten will, wie böse doch die Technik wäre.“ Aber darum geht es mir gar nicht. Im Folgenden möchte ich eher zeigen, wie sich die Gesellschaft dadurch entwickelt. Ob dies nun gut, oder schlecht, oder aber einfach nur anders ist, kann jeder für sich entscheiden. Aber man sollte zumindest bereit sein, einmal darüber nachzudenken.
Kurzer Rückblick
Spielende Kinder auf den Straßen, auf Spielplätzen und im Wald. Wie kommt es dazu, dass sie sich alle auf einem Platz gefunden haben? Ganz einfach, manchmal reicht ein Blick aus dem Fenster, oder man läuft eben ein paar Straßen weiter und klingelt beim Freund an der Haustüre. Niemand da, oder keine Zeit? Na dann eben zum Nächsten. Dasselbe Prozedere setzt sich auch im Jugendalter fort, nur, dass man da vielleicht nicht mehr dieselben Interessen hat, wie als Kind. Wohnten die Freunde etwas weiter weg, hat man sich entweder in der Schule schon verabredet, oder aber einen kurzen Anruf getätigt. Da bekam man auch sofort die Stimmung der Freundin oder des Freundes mit und konnte dementsprechend unterscheiden zwischen „Nein, ich kann wirklich nicht.“ und „Nein, ich kann nicht, weil es mir nicht gut geht." Das gibt einem die Möglichkeit, direkt darauf zu reagieren und vielleicht doch vorbeizukommen, um ihr oder ihm zu helfen.
Zurück ins Hier und Jetzt
Heute dagegen wird viel über Whatsapp, Facebook, SMS, etc. ausgemacht. Oder aber diese Medien als Ersatz für „echten“ Kontakt genutzt. Mit früheren Freunden wird die Beziehung so aufrechterhalten, die sonst vielleicht verloren gehen würde. Aber nicht nur mit entfernten Freunden wird so kommuniziert, sondern auch mit den Freunden, die man öfter, vielleicht sogar jeden Tag sieht. Es ist ja auch ein super Mittel, mal eben Bescheid zu geben, dass man zehn Minuten später kommt. Das Ganze kann aber auch Überhand nehmen, nämlich dann, wenn dieser Kontakt als Ersatz für ein mögliches Telefonat oder Treffen genutzt wird.
Mit dem besten Freund oder der besten Freundin spricht man doch immer noch am liebsten persönlich, oder nicht? Und ist das nicht bei einer festen Beziehung genauso? Ich lerne mein Gegenüber doch lieber von Angesicht zu Angesicht kennen bzw. höre ihre/seine Gefühle direkt, als dass ich es nur schreibe. Schreiben kann man viel und auch Smilies können lügen. Aber ein falsches Lächeln, oder eine stockende Stimme erkennt meist um einiges leichter.
Zum „Häkchen-Problem“
Wieso aber regen sich die Leute nun über diese blauen Häkchen so auf? Und was hat das mit dem oben Genannten zu tun? Sie können nicht mehr verheimlichen, etwas gelesen zu haben, fühlen sich gezwungen, sofort zu antworten und können ihre kleinen Lügen nicht mehr so glaubwürdig wie vorher rüberbringen. Auf der anderen Seite erwarten diejenigen, die etwas geschrieben haben, dass wenn die blauen Häkchen erscheinen, in den nächsten paar Sekunden eine Antwort kommt.
An die Möglichkeit, dass man einfach nur schnell auf sein Handy geguckt hat, oder dass man über die Antwort nachdenken möchte, wird dann oft nicht mehr gedacht. Da antworten also manche Nutzer nur, damit möglichst schnell eine Antwort da ist und der Empfänger ärgert sich darüber. Oder aber derjenige, der etwas geschrieben hat, sieht, dass es gelesen wurde und ärgert sich, dass nach zwei Stunden immer noch keine Antwort da ist. Diese Probleme würden sich bei persönlichem Kontakt, oder aber per Telefon nicht ergeben. Warum also, wenn man wirklich sofort eine Antwort braucht nicht zu anderen Mitteln greifen?
Auswirkungen
Ich glaube, dass die Personen, die sich über die Häkchen als „Beziehungskiller“ aufgeregt haben, zu den Menschen zählen, die das Medium „Whatsapp“ zu intensiv nutzen. Aber genau diese Einstellung verbreitet sich in unserer Gesellschaft immer mehr und entwickelt sich schon seit Jahren. Es zeigt sich zeitweise durch solche Aufschreie, wie eben durch das „Häkchenproblem“. Wir schaffen uns unsere Probleme also selbst. Und daran ist nicht die Technik schuld, sondern was wir daraus machen.
Wieso können wir denn nicht einfach Whatsapp als ein Hilfsmittel begreifen, um nämlich Kurznachrichten auszutauschen. Hierzu gehören keine lebenswichtigen Nachrichten, die sofort beantwortet werden müssen. Denn ein Hilferuf kann noch so oft gesendet werden, wenn ich gerade im Auto unterwegs bin. Und wenn man per Whatsapp zu einem Geburtstag eingeladen wird und ich nicht sofort darauf antworte, liegt das auch nicht daran, dass ich nicht kommen möchte, sondern ich gehöre vielleicht zu den „altmodischen“ Leuten, die nicht ihren kompletten Terminplan im Handy gespeichert haben. Wenn dadurch eine Beziehung, vielleicht sogar eine gute Freundschaft, kaputt geht, sollte man sich überlegen, ob das nicht eher an den Nutzern, als an Whatsapp und den blauen Häkchen liegt. Nicht diese Häkchen machen Beziehungen kaputt und sollten abgeschafft werden, sondern genau durch diese werden wir wieder einmal dazu angeregt, darüber nachzudenken wie wir eigentlich unsere Beziehungen leichtfertig aufs Spiel setzen, nur weil wir uns so vereinnahmen lassen.
Fazit
Wir sind es also selbst, die unsere Beziehungen zerstören. Denn würdest du es deinem Freund verübeln, wenn er dir gegenübersteht sich umdreht und schnell in seinem Terminkalender blättert, um dir dann eine verbindliche Antwort geben zu können? Wahrscheinlich nicht. Denn lieber eine überlegte Antwort, als eine, die im Nachhinein wieder revidiert wird. Wir sollten alle mal darüber nachdenken, ja vielleicht gerade jetzt, ausgelöst von dem Aufschrei um die blauen Häkchen und im Rahmen der anstehenden Adventszeit, was wir von einer Beziehung erwarten, wie wichtig uns diese ist, wieviel Zeit wir uns aus diesem Grund dafür nehmen und wie wir ab sofort mit den technischen Hilfsmitteln umgehen.
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