Die Einstellungen einer Spiegelreflexkamera können zahlreich und überfordernd wirken: Automatik oder Sportmodus, Nachtaufnahmen oder Porträtmodus – und beinahe jeder Modus erzielt nicht das erwünschte Ergebnis. Die Lösung? Die eigene Kamera verstehen und sich näher mit den manuellen Modus beschäftigen. Nur Mut!
Heutzutage kann jeder fotografieren. Smartphone raus, klick, fertig. Nicht umsonst wurde 2013 der Ausdruck „Selfie“ vom Oxford English Dictionary zum Wort des Jahres gewählt. Die digitale Fotografie begleitet uns im Alltag auf Schritt und Tritt: hier schnell ein Foto von dem gerade gekauften Pullover für die Freundin, schnell das Rezept aus einem Backbuch abfotografieren oder ein Selfie aus dem Urlaub schicken. Zwischen diesen und den kreativen Fotos mit einer digitalen Spiegelreflex liegen jedoch Welten und viele kennen dieses Problem: Die erste eigene Spiegelreflex gekauft und die Überforderung gleich mit dazu. Was bitte ist ISO oder eine Verschlusszeit und Blende? Auch die teuerste und größte Kamera schießt nur dann gute Fotos, wenn sie richtig bedient wird.
Das erste Ziel heißt nun daher: Automatikmodus adé. Der Anlass für diesen Artikel ist ein Erlebnis im Elektronikmarkt. Ich begutachtete meine Traumkamera, für mich utopische tausende von Euro wert und beobachtete gleichzeitig ein Vater-Sohn-Gespann. Sie diskutierten über ihren potentiellen Kauf: eine Canon-Kamera. Kaufpreis: über 1.000 Euro. Der Sohn stellte die Kamera auf Automatikmodus ein und fotografierte bei dunklen Lichtverhältnissen gegen eine Neo-Röhre.
Das Ergebnis? Ein völlig verwackeltes und überbelichtetes Bild. Das Originalzitat: „So ein Scheiß, da müssen wir was besseres kaufen. Für den Preis kann das ja nichts sein.“ Um diese Situation zu vermeiden, sollte jeder Besitzer einer Spiegelreflexkamera drei Parameter beherrschen: die Einstellung der Blende, der Verschlusszeit und des ISO-Wertes. Sie alle beeinflussen die Lichtverhältnisse des Bildes und haben zudem weitere individuelle Auswirkungen für ein gelungenes Foto. Schritt eins: Das Umstellen von dem Automatikmodus in den manuellen Modus.
Die Blende – das menschliche Auge
Ohne Licht kein Foto, das ist klar. Die Blende bestimmt, wie viel Licht auf den Sensor fällt. Vergleichbar mit der menschlichen Pupille, kann sie sehr groß oder sehr klein geöffnet werden. Je weiter die Blende geöffnet wird, desto mehr Licht dringt durch das Objektiv. Für Fotografie-Anfänger oft schwierig zu verstehen ist jedoch: Je kleiner die Blendenzahl, desto größer die Objektivöffnung. Die Kamera stellt diesen Wert beispielsweise mit f3.5 dar, eine Blende mit f22 besitzt im Gegensatz eine sehr kleine Blendenöffnung. Außerdem ist wichtig: Je kleiner die Blendenzahl, also f3.5, desto geringer die Schärfentiefe. Bei Portraits ist diese Information sehr wichtig, da der Hintergrund unscharf ist und die gesamte Aufmerksamkeit dem Model gilt. Und je höher die Blendenzahl, also f22, desto größer ist die Schärfentiefe.
Die Verschlusszeit – Bewegungen richtig einfangen
Die Verschlusszeit ist die Belichtungszeit der Kamera, meist durch eine Bruchzahl wie 1/2000 oder 1/4 oder normale Zahlen wie 0,5“ oder 2“ angegeben. Je nach Länge der Verschlusszeit fällt für eine bestimmte Zeit Licht auf den Sensor der Kamera. Bei schlechten Lichtverhältnissen oder in der Nacht muss daher eine lange Belichtungszeit gewählt werden, beispielsweise halbe (0,5“) oder zwei (2“) Sekunden. Des Weiteren beeinflusst die Verschlusszeit die Dynamik eines Fotos. Sollen Bewegungen eines Objekts eingefroren werden, wird eine niedrige Verschlusszeit, wie 1/250, gewählt. Soll ein Objekt dynamischer und beweglich dargestellt werden, so ist die Verschlusszeit länger. Aber Achtung! Je länger die Verschlusszeit ist, desto ruhiger muss die Kamera gehalten werden. Ansonsten werden Bilder schnell verwackelt. Ein Stativ ist daher irgendwann unverzichtbar.
Der ISO-Wert – die Lichtempfindlichkeit des Sensors
Last but not least: der ISO-Wert. Hier gilt die einfache Faustregel: Je höher der ISO-Wert, desto lichtempfindlicher ist der Sensor. Auf der Kamera ist dies durch die Abkürzung ISO plus eine Zahl, wie ISO200, abgebildet. Das Einstellen dieses Wertes ist relativ einfach: Bei sehr hellen Lichtverhältnissen, wie bei Sonnenlicht, wird ISO100 oder ISO 200 gewählt. Je schlechter und dunkler die Lichtverhältnisse werden, desto höher wird der Wert. Einziger Nachteil dabei: Die Pixel werden mit Zunahme des Wertes sichtbarer, im Fachjargon spricht man daher von einem Bildrauschen. Verpixelte Fotos können später in der Nachbearbeitung korrigiert werden.
Es bedarf zunächst keines großen Aufwands, um die einzelnen Grundeinstellungen der Kamera zu entdecken. Angefangen habe ich an meinem Schreibtisch mit einer Pflanze, mit Schreibtischlampe ein und aus, Rolladen hoch und runter. Mit ein bisschen Übung und Mut gelingen dann die eigenen Fotos. Irgendwann geht das Einstellen der Kamera wie von selbst. Man lernt Situationen und Lichtverhältnisse richtig einzuschätzen und selbstverständlich darf vor jeder Fotosession kurz mit den Einstellungen experimentiert werden. Viele Kameras führen die Benutzer auch Schritt für Schritt an den manuellen Modus heran. So gibt es beispielsweise Modi, welche die Verschlusszeit oder ISO bereits automatisch einstellen und der Fotograf dann die restlichen Parameter manuell einstellen muss.
Schreibe einen Kommentar