Erst im November beendete Casper seine letzte Clubtour. Grund zum Ausruhen gab es aber nicht: Schon seit März geht es bei ihm weiter. Mit gemütlichen Clubs ist es vorerst aber vorbei, denn diesmal stehen Locations, wie die Kölner Lanxess-Arena mit einem Fassungsvermögen von rund 20.000 Fans, auf dem Programm. Da drängt sich natürlich die Frage auf, ob Casper vor so einer Masse genauso gut rüberkommt, wie in kleineren… Besonders bei jemandem wie mir, die seit der “Erst Wenn MTV wieder Musik spielt”-Tour 2010 keine Gelegenheit ausgelassen hat, sich von den Live-Künsten des Bielefelder Rappers zu überzeugen. Immer wieder erinnere ich mich daran, wie “Cas” vor einer Handvoll Leuten das Kölner Underground auseinander genommen hat. Oder daran, wie er bei seinem Open-Air-Konzert beim Deutschlandfest 2011 das Bonner Münster zum frühzeitigen Schließen provozierte. Oder daran, wie ich nach der Show im Gloria im Oktober letzten Jahres – mal wieder – schweißgebadet und heiser, aber völlig zufrieden nach Hause fuhr.
Großes Rätsel um die Vorband
Bevor ich aber eine neue (hoffentlich legendäre) Erinnerung zu meiner langen Liste hinzufügen konnte, galt es zunächst die Vorband zu überstehen. Aus ihr war im Vorhinein ein großes Geheimnis gemacht worden. So wusste man nur, wer es nicht ist, zum Beispiel Portugal, The Man, also die Indie-Rock Band aus Alaska, die “Cas” bisher bei seinen Gigs begleitet hatte. Leider abgesagt hatten auch Helene Fischer und Santiano, was Casper am Morgen des Konzerttages mit einem Augenzwinkern dem Radiosender 1LIVE verraten hatte.
Letztendlich stand niemand Geringeres als das Berliner Hiphop-Kollektiv K.I.Z. auf der Bühne, um die Lanxess Arena schon mal mit einigen Songs aufzuwärmen. Ob sie nun besser oder schlechter zu Casper passten als Portugal, The Man oder Helene Fischer, konnte dabei jeder für sich selbst entscheiden. Nach der obligatorischen guten halben Stunde Vorband plus Umbaupause stand schließlich der Hauptact des Abends auf dem Programm. Zu den leisen, feierlichen Tönen des Intros betrat die Band die Bühne. Aber das war es dann vorerst auch erst einmal mit leise. Kaum auf der Bühne, legte die Band los wie die Feuerwehr – und das Publikum dankte es ihnen. „Dies ist kein Abschied, denn ich war nie willkommen“ – schon ab der ersten Zeile galt es textsicher und hochmotiviert jedes einzelne Wort mitzubrüllen.
Viele Songs aus Hinterland und XOXO auf der Setlist
Mit Songs, wie “Alles endet (Aber nie die Musik)”, “Auf und davon”, “20 qm” und “So perfekt”, spielte Casper eine gelungene Mischung aus Songs aus seinem aktuellen dritten Album “Hinterland” und dessen Vorgänger “XOXO”. Manch alteingesessener Fan musste unweigerlich die Stirn runzeln, als Casper seine XOXO-Songs bereits als “ältere” Lieder bezeichnete. Ebenso mögen ihnen vermutlich wirklich ältere Titel gefehlt haben, aber insgesamt tat das der Stimmung keinen Abbruch.
Die Qualität der Mischung zeigte sich auch in einem anderen Punkt. Ging es die meiste Zeit, wie man es von Casper erwarteten würde, auf und vor der Bühne heiß her, so streute die Band doch in den richtigen Momenten ruhigere Songs wie “Lux Lisbon” ein, um dem Schweißfluss des völlig ausflippenden Publikums Einhalt zu gebieten. Aber diese Verschnaufpausen hielten nie lange an: Sobald “Cas” ein “Hölle ja” verlangte, gab ihm das Publikum auch ein “HÖLLE JA!”. Dass er sich auch in internationalen Rap-Gefilden auskennt, bewies Casper mit seinen persönlichen Covern von Jay Zs und Kanye Wests Niggas in Paris sowie Wiz Khalifas Black’n’Yellow.
Nach circa anderthalb Stunden verabschiedete sich die Band vorerst zu den “OH-E-OH”-Chören, die das Publikum allerdings solange schmetterte, bis sie sich für eine Zugabe wieder auf der Bühne einfanden. Zum – für mich persönlich ungeschlagen legendären – Intro von “Der Druck steigt” machten sich Casper, Michbeck und Co. ein letztes Mal bereit, um alles zu geben. Als nach “Michael X” und “Endlich Angekommen” die Bühne nur noch schwach von der Hintergrundbeleuchtung erhellt wurde und melancholische Xylophonklänge die Arena erfüllten, fühlte sich manch ein Zuschauer schon bereit, Abschied zu nehmen. Aber das wäre ja kein Casper-Konzert, wenn es nicht mit einem Knall zu Ende gehen würde. Und so zog die Band bei Jambalaya noch einmal alle Register und brachte das Publikum zum Kochen.
Fazit: “Das Gefühl von: endlich angekommen”
Danach standen die Jungs noch eine Weile auf der Bühne. Nicht, um noch einen Track nachzuschieben, denn nach eigener Aussage hatten sie nichts mehr zum Spielen übrig. Stattdessen genossen sie schlicht den Anblick, der sich ihnen bot: tausende abgekämpfte, aber glückliche Fans, die ihnen Standing Ovations entgegenbrachten und dabei den “OH-E-OH”-Chor nicht verstummen ließen. Kein Wunder, dass es Casper da die Sprache verschlug und er nur noch ungläubig, wie ein kleiner Junge, vor sich hin grinsen konnte. Ein “Dankeschön!” brachte er schließlich aber doch heraus.
Auch, wenn er es selbst offenbar noch nicht richtig glauben kann, Casper ist definitiv auf den großen Bühnen angekommen. Live muss er sich vor niemandem verstecken, ob er nun vor ein paar hundert Leuten spielt oder vor zehntausenden. Die Energie ist immer gleichermaßen vorhanden – und lässt kein Auge trocken. Während Die Letzte Gang der Stadt, schaffte Casper es, die gesamte Arena zum Springen zu bringen, inklusive Stehplätzen, Unterrang und Oberrang. Zum Dank verlieh er Köln dafür den Titel der “am schönsten springenden Stadt auf Erden”. Am Ende verabschiedete er sich mit den Worten: “Ich hoffe, wir sehen uns wieder.” Und selbst nach dem fünften Mal “Casper live” bin ich mir sicher, dass wir das tun werden.
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