Zehn Dinge, die in anderen Ländern anders sind. Manche haben mich den deutschen Standard vermissen lassen. Andere Gepflogenheiten wiederum habe ich versucht, in meinen Alltag zurück in der Heimat zu integrieren.
Oft fallen einem die Eigenarten und alltäglichen Selbstverständlichkeiten des eigenen Landes erst auf, wenn man es verlässt: seien es Verhaltensweisen oder Gegenstände. Ich stelle euch vor, welche positiven Entdeckungen ich am anderen Ende der Welt gemacht habe und was aus Deutschland ich vermisst habe.
Geduld und Gelassenheit
„Der nächste Bus kommt um 14:30 Uhr.“ Um vier Minuten nach halb drei, wenn der Bus die Haltestelle noch immer nicht angefahren hat, erreicht die Nervosität der Wartenden sichtlich ihren Höhepunkt. Sekündlich wird der Blick auf die Uhr gesenkt, hektische Blicke verfolgen den Straßenverkehr und man vernimmt die ersten Flüche. Diese Situation sollte jedem Deutschen bekannt sein. Und jedes Mal vermisse ich die Gelassenheit der Australier erneut, die den Fahrplan eher als grobe Orientierung statt als unumstößlichen Zeitplan verstehen. Warum nicht einfach zurücklehnen und tief durchatmen? Durch eine gerunzelte Stirn gelangen die öffentlichen Verkehrsmittel auch nicht schneller ans Ziel.
Supermärkte
Wenn man treuer Kunde von Aldi, Lidl und Co. ist, kann man es sich als deutscher Bürger vermutlich kaum vorstellen, dass es immer noch Supermärkte gibt, in denen die Kassierer deine gekauften Artikel in Tüten verpackt bereitstellen. Der positive Aspekt ist hierbei selbstverständlich nicht die Verschwendung des Plastiks (wobei man in einigen Filialen mittlerweile entweder für Tüten zahlt oder eigene mitbringt) oder die Vereinfachung des Prozesses sondern die Entschleunigungsfunktion und gezeigte Wertschätzung, die uns den Einkauf gleich weniger gestresst beenden lässt.
Smalltalk
Immer und überall. Ich kann mich kaum entsinnen, irgendwo in Down Under nicht in Smalltalk mit jemandem verfallen zu sein. In der Schlange im Supermarkt, an der Bushaltestelle, beim Wandern. Komplimente von Fremden, denen dein Haarschnitt oder dein Shirt gefällt sind dort nicht unüblich. Die Welt braucht mehr von dieser positiven Energie und dem Miteinander.
„Ich muss mal!“
An einem langen Sightseeing- oder Shoppingtag bleibt das Bedürfnis, gelegentlich das stille Örtchen aufzusuchen nicht aus. Dann beginnt die verzweifelte und nervige Suche nach einer McDonalds Filiale, einem Starbucks oder anderem Café. Einen Becher Kaffee als Eintrittskarte zum WC? Muss nicht sein. In Australien gibt es in Großstädten an jeder Ecke öffentliche (und tatsächlich einigermaßen hygienische) Toiletten zur kostenfreien Benutzung. Selbst in den kleinsten Orten irgendwo im Outback findet man sie.
Warmes Wasser? Fehlanzeige!
Als ich in Neuseeland das erste Mal Waschbecken mit zwei Wasserhähnen sah, fragte ich mich, wie um Himmels Willen ich an warmes Wasser käme. Die Antwort: gar nicht. Ein Hahn war mit einem roten, der andere mit einem blauen Punkt gekennzeichnet und sie waren zu weit voneinander entfernt, als dass man die Wassersträhle hätte mischen können. In England findet man dieses Phänomen übrigens auch nicht selten.
Eins der besagten Waschbecken mit zwei Wasserhähnen. Gesichtet in England. Foto: © f1rstlife / Rebecca Schneider
Deutsche Backkunst
Wir sind Weltmeister in Sachen Brot. Und das wird im Ausland ganz schnell deutlich. Nirgendwo anders gibt es eine solch große Auswahl an knusprigen und Vollkornbackwaren. Schnell ist man das labbrige weiße Toast leid und wünscht sich die guten Brötchen vom Bäcker nebenan herbei.
„Nur Leitungswasser, bitte.“
In anderen Ländern eine völlig normale Antwort auf die Frage im Restaurant, was man zu trinken wünscht. Oft werden Wasserkaraffe und Gläser unaufgefordert serviert. Selbstverständlich kostenfrei und ohne herablassenden Blick der Kellner. Außerdem gibt es in Bars und Clubs einen unbeschränkten Zugang zu Wasserspendern. Manchmal sogar mit Eiswürfeln. Wasser sollte überall und für jeden ein frei zugängliches Gut sein. Auch in den Haushalten findet man kaum aus dem Supermarkt herangeschlepptes, in Flaschen abgefülltes Mineralwasser. Dort wird das Leitungswasser höchstens gefiltert.
Architektur
Könnt ihr euch vorstellen, Gebäude zu vermissen? Etwas, das mir erst nach meiner Rückkehr in Deutschland auffiel. Die architektonischen Meisterleistungen vieler Jahrhunderte, die Größe mancher solcher Bauten und die damit verbundene Historie und Tradition unseres Landes. Die älteste Kirche Neuseelands zum Beispiel, die Christ Church in Russell, wurde erst 1836 erbaut. Der Trierer Dom hingegen, schaut auf eine mehr als tausendjährige Geschichte zurück.
Die älteste Kirche Neuseelands. Zu finden in Russel im Norden der Nordinsel. Foto: © f1rstlife / Rebecca Schneider
Linen Cupboard/ Wandschrank
Ein Linen Cupboard (dt. Wäscheschrank) bezeichnet einen Einbauschrank in einer verwinkelten Ecke eines Hauses z.B. in einer Nische oder unter Treppen und Dachschrägen. Dort werden unter anderem Bettwäsche, Handtücher und Tischdecken verstaut. Sie sind in vielen Haushalten in Australien oder England zu finden. In deutschen Haushalten habe ich dies bisher erst äußerst selten gesichtet.
Waschmaschinen
Bleiben wir beim Thema. Glücklicherweise war ich kein Anfänger in Sachen Wäsche waschen, als ich beschloss, das Hotel Mama für eine Weile zu verlassen. Die Waschmaschinen in den Hostels in Down Under brachten mich jedoch an meine Grenzen. Kalt, warm oder heiß? Das war die einzige Auswahl, die sich mir bot. Dabei wollte ich doch nur, dass meine Kleidung bei 40º Celsius sauber aber nicht kleiner wird. (Tipp: Ihr könnt sorglos „heiß“ auswählen.) In privaten Haushalten hat man hingegen eher die Wahl zwischen Casual, Delicate und Normal. Die Temperatur wird dabei trotzdem nicht angezeigt.
Was ist euch aufgefallen? Habt ihr ähnliche Kuriositäten in anderen Ländern entdeckt? Teilt es uns in den Kommentaren mit!
Paul
Den Smalltalk empfinde ich persönlich mehr als oberflächliches Interesse. Ich hatte ebenfalls viele Smalltalks mit Australiens, allerdings so gut wie keine tiefgründigeren Gespräche. Auch nicht mit Australiern denen ich näher stand. Ich habe auch oft gemerkt, dass Australier Problemen sehr oft aus dem Weg gehen.
Und zu den Buszeiten: In Sydney hab ich noch keinen gesehen, der nach 4 Minuten Wartezeit nicht mit langsam steigender Nervosität gen Straße schaute. ^^
Ganz kurz noch mein persönliches Australienstatement: Meine Erfahrungen in Australien waren unbezahlbar und ich bereue nicht dieses Jahr gemacht zu haben. Dennoch sollte man nichts beschönigen, nichts in den Himmel loben und nichts zu positiv darstellen.
Habe gestern bei McDonalds zwei ältere nette Australier getroffen, die Deutschland als wunderschönes Land empfanden und jedes Jahr auf einem deutschen Fluss eine Bootsfahrt machen. Jeder hat halt ein anderes Empfinden von wundervoller Natur und fernen Landen.
Rebecca Schneider
Klar, es gibt immer Ausnahmen. Vor allem Städte empfinde ich oft eher als multikulturell statt landestypisch (was selbstverständlich auch gut ist) und mir besonders in meiner Zeit im australischen Outback aufgefallen ist. Deutschland und Australien sind beides wunderschöne Länder, trotzdem teils sehr verschieden. Beim Thema “Probleme” gebe ich dir Recht 🙂 Danke für deinen Kommentar!