„Ach du fährst in den Urlaub?“– Ein Satz, den ich oft hörte, als ich mich zu einer zweiwöchigen Deutschlandtour entschloss. Mehrbettzimmer im Hostel, Couchsurfing, neun Orte in 14 Tagen, Wäsche per Hand waschen, das alles mag nicht so richtig zu dem Begriff „Urlaub“ passen. Warum „Travelling“ vielmehr eine Sportart ist.
Endlich 18, endlich Abitur – für mich war sofort klar, was das bedeutet: Nichts wie raus in die Welt, selbstständig werden und Freiheit schnuppern. Wohin es für mich gehen soll? Am liebsten überall hin. Für den Einstieg entschloss ich mich aber zunächst zu einer zweiwöchigen Tour durch Deutschland: von Nürnberg bis an die Nordsee und wieder zurück.
60 Euro pro Nacht?! Nicht mit mir!
Mein Entschluss, mich auf diese Reise zu begeben, entstand relativ kurzfristig: Eine Woche vor Abreise fing ich an, die Route festzulegen, Züge zu buchen und Zimmerpreise zu vergleichen. Ich meldete mich auf dem Portal „Couchsurfing“ an, auf dem Nutzer kostenlos einen Schlafplatz in ihrer Wohnung angeben, schrieb Anfragen, wartete auf Antworten.
Als ich die vierte Nacht in Folge wach lag, aus dem Halbschlaf hoch schreckte und meine Nachrichten checkte, wurde mir klar: Das wird kein Sommerurlaub, das wird ein Härtetest. Um mir den so leicht wie möglich zu machen, packte ich nur einen kleinen Koffer mit drei Hosen, fünf Oberteilen, Regenjacke und Pulli. Mit dabei auch ein Fläschchen Waschmittel und ganz viele verständnislose Blicke von Freunden: Wie, du fährst alleine?
Mit mir selbst was erleben
Denn obwohl es für viele Leute um mich herum nicht nachvollziehbar war, hatte ich mich bewusst dazu entschlossen, diese Reise ohne feste Begleitung zu machen: Ein bisschen Zeit nur mit mir selbst verbringen und ganz viele persönliche Eindrücke bekommen, das war mein Ziel. Enttäuscht wurde ich nicht, denn ich lernte in den zwei Wochen viele interessante Leute kennen – traf beim Couchsurfing in Wuppertal auf den Serviceroboter „Pepper“, gewann in Hamburg unverhofft neue Freunde dazu und aß in Münster an einem Tatort-Drehort zu Abend.
Mein persönliches Highlight war die Zugfahrt über den Hindenburgdamm, ein schmaler Schienenstreifen, der Sylt mit dem Festland verbindet. Abhängig von den Gezeiten hat man so das Gefühl, tatsächlich das Meer zu durchqueren, denn links und rechts sieht man nur Wasser. Aber nicht nur das beeindruckte mich, allein der Gedanke, dem Alltag zu entkommen, hat etwas Faszinierendes an sich: Man schläft jeden Tag woanders und begibt sich stets auf ins Ungewisse.
Reisen ist wie Sport
Das klingt sehr anstrengend und das ist es definitiv auch. Außerdem plagte mich manchmal das Heimweh oder ein Gefühl der Einsamkeit. Doch genau aus solchen Momenten habe ich einiges gelernt: Es kann nicht durchgehend alles reibungslos ablaufen und es ist in Ordnung, mit Situationen zunächst überfordert zu sein. Ich würde sogar so weit gehen, Reisen, die unkomfortabler und fordernder sind als der All-Inlusive-Urlaub, in gewisser Weise mit einer Sportart zu vergleichen: Sie verlangen Körper und Geist einiges ab, das Durchhalten ist am schwersten, aber man wird durch regelmäßiges Training immer besser.
So kommt es vermutlich auch, dass viele erfahrene Backpacker scheinbar mühelos abenteuerliche Gegenden erkunden, sich durch fast nichts mehr aus der Ruhe bringen lassen und immer wieder neue Touren planen. Wer einmal anfängt, die Welt zu bereisen, der kann schwer wieder damit aufhören. Aus Heimweh wird Fernweh und der Drang, den Moment zu genießen und Erinnerungen zu sammeln. Auch mein nächster Wegfahrtermin steht schon fest-: Die Deutschlandtour war nur das Aufwärmprogramm.
Charlotte Hopf
Hi Anastasia!
Habe deinen Artikel erst jetzt entdeckt, schön, etwas von dir zu lesen!
Nach meiner Zeit in Japan und jetzt einem Monat in Irland kann ich dir nur zustimmen – Urlaub ist nicht das gleiche wie Reisen
Liebe Grüße
Anastasia Stark
Liebe Charlotte,
Vielen Dank für deinen Kommentar, es freut mich ebenfalls sehr, von dir zu hören!
Deine Japanberichte habe ich schon gespannt verfolgt, beeindruckend, was du dort alles erlebt hast!
Ich freue mich auf mehr von dir.
Liebe Grüße