Die Politik diskutierte Maßnahmen in der Pandemie und setzte Gesetze um, aber über psychische Folgen wurde kaum geredet. Dabei warnten einige Psychologen sogar davor, dass ein Lockdown einen unfassbaren Einfluss auf unsere Gesundheit nimmt und es in der Ambulanz Engpässe und ewig lange Wartezeiten gibt. Daher stellt dir unsere Autorin Jasmin Tipps vor, mit denen du einen möglichen Lockdown gut überstehst.
Die folgenden Tipps zeigen dir, wie du den psychischen Einfluss von Einschränkungen oder auch alltäglichen Dingen positiv beeinflussen kannst. Hierbei ist zu bedenken, dass jeder Mensch individuell ist und anders mit Situationen umgehen kann. Deshalb sind die Tipps lediglich Anregungen und kein Allheilmittel:
6. Offline gehen
Gerade durch die Lockdowns ist die Abhängigkeit von digitalen Medien, wie dem Smartphone, vor allem bei Kindern und Jugendlichen gestiegen. Doch auch viele Arbeitsplätze wurden digitalisiert und ins Home-Office verlegt. Umso wichtiger ist es geworden, abends offline zu gehen. Lese lieber ein Buch, stricke, male oder höre ein Hörbuch an, um dem Gehirn die Abwechslung zu bieten, nach der es strebt. Entwickle kurze Abschaltrituale, wie nicht direkt bis zum Treffpunkt eines Termins zu fahren, sondern das letzte Stück zu Fuß gehen und sich dabei nur auf sich selbst konzentrieren. Kleine Dankbarkeitsrituale, wie das Genießen eines Getränks am Lieblingsplatz oder kurze Meditationen, helfen vielen Menschen beim Abschalten.
Sich Pausen zu gönnen, ist auch in der Corona-Krise wichtig. Manch einer kann sich kaum zum Arbeiten motivieren und andere wiederum vergessen durch das Home-Office, mal ganz abzuschalten. Weitere Möglichkeiten zum Pause machen sind: Lausche dem Gezwitscher der Vögel am Morgen, schließe die Augen und versetze dich in Gedanken an deinen Lieblingsort. Gehe spazieren oder schaue dir eine Komödie an. Ein Trend zum Abschalten war in den letzten Jahren das Ausmalen. Noch immer gibt es online oder in Buchhandlungen unterschiedliche Ausmalbücher für Erwachsene zum Entspannen. Im Internet lassen sich viele Atemübungen finden, die eine erholsame Pause bringen sollen.
7. Kochen
Eine ausgewogene und genussvolle Ernährung unterstützt nicht nur unsere physische, sondern auch unsere psychische Gesundheit. Im Homeoffice kommt die ausgewogene Ernährung aber oft zu kurz. Hier einen Gang zum Kühlschrank, dort etwas Naschen oder die Mittagspause überspringen. Jedoch hast du vielleicht gerade in diesen Momenten viel Zeit, die du dir zum Kochen nehmen kannst. Werde kreativ und probiere selbst etwas aus oder suche ein Rezept, was du schon immer mal ausprobieren wolltest. Kreiere eigene frische Speisen und genieße sie in Ruhe, um dir und deinem Körper etwas Gutes zu tun.
Die Pausen geben dir die Chance, geplante Zwischenmahlzeiten einzunehmen, um ungesunde „Fressattacken“ und ständige Naschereien zu vermeiden. Der Essplatz sollte sich, wie der Arbeitsplatz und die Freizeitplätze, nach Möglichkeit räumlich unterscheiden, sodass der Körper sich bewusst auf die eben durchgeführte Tätigkeit konzentrieren kann.
Ablenkung durch Arbeit oder Freizeit führen schnell zu unbewusster Ernährung, sodass der Körper beispielsweise nicht wahrnimmt, wann er gesättigt ist. Anders ist es beim Trinken. Zwei bis drei Liter solltest du am Tag trinken. Stelle eine Wasserflasche auf den Tisch, damit sie an das regelmäßige Trinken erinnert. Viel Trinken verhindert nicht nur Kopfschmerzen, sondern steigert die Konzentrations- und Leistungsfähigkeit. Ein Schuss an Zitronen- oder Limettensaft soll dabei das Energielevel spürbar anheben.
8. Situationen annehmen und zur Gewohnheit werden lassen
Kaum ein Thema wird medial emotionaler diskutiert als das Maskentragen. Das Maskentragen kann anstrengend sein. Es ist belastend, stets einen Schutz vor dem Gesicht zu tragen. Gleichzeitig kann dadurch auch die Kommunikation erschwert werden. Die Mimik ist schlechter lesbar und akustisch versteht man sich weniger. Doch das Maskentragen gehört zur aktuellen Situation dazu. Um es weniger als Belastung wahrzunehmen, sollte die Einstellung gegenüber den Masken geändert werden. Das Maskentragen ist für den Selbstschutz und schützt Kontaktpersonen.
Es ermöglicht das Zusammensein auf Veranstaltungen und so muss man die Situation neu bewerten. Die Maske rückt uns weniger voneinander weg, sondern bringt uns näher zueinander, solange wir in einer Pandemie leben. Versuche, das Positive zu sehen, denn durch das Tragen einer Maske leistest du einen Beitrag, die Verbreitung des Virus zu reduzieren. Das heißt, wir sind nicht machtlos der Situation ausgeliefert, sondern können alle einen Beitrag zur Verbesserung der Situation leisten. Erforsche die Gründe, weshalb das Maskentragen eine Belastung für dich darstellt und versuche, sie zu lösen: Drückt sie an den Ohren, dann verbinde die Gummis der Maske mit einem Haargummi oder besorge dir eine Schiene, in die man die Gummis einklemmen kann.
Wenn dir das Atmen schwerfällt, probiere unterschiedliche Maskenarten aus. Versuche, Pausen an der frischen Luft zu machen, wie ein kurzer Spaziergang oder ein Treffen im Freien. Nutze diese Momente für tiefe, ruhige Atemzüge. Wenn pausenlos die Maske verschwunden und nicht griffbereit ist, dann fertige dir zum Beispiel ein Stoffetui an, welches stilvoll ist und immer in der Tasche bleibt. Mache das Maskentragen zur Gewohnheit wie das Zähneputzen. Auch das ist manchmal nervig, aber man hat sich daran gewöhnt und macht es einfach.
9. Die kleinen Freuden schätzen lernen
“Wenn sich depressive Phasen häufen, also länger als zwei Wochen andauern, sollte man aktiv werden”, sagt Hagemeyer. Deshalb sei dir gegenüber besonders aufmerksam und beobachte Stimmungstiefs. Die unangenehme Kontaktbeschränkung hat auch eine gute Seite, denn endlich hast Du Zeit für dich. Doch immer wieder häufen sich negative Nachrichten und Du hast das Gefühl, es gäbe nur noch “Regentage”. Da fällt es nicht so leicht, auf sich selbst zu achten, sich selbst etwas Gutes zu tun und vor allem sich dabei auch, gut zu fühlen. Oftmals überschatten die negativen Ereignisse die positiven Dinge am Tag und er fühlt sich scheußlicher an, als er war. Um diese Glücksmomente wieder ins Bewusstsein zu rufen und auch an schlechten Tagen ein positives Ende finden zu können, gibt es einen “Trick”:
Nimm dir eine Handvoll Knöpfe, Bohnen oder Murmeln und stecke sie den ganzen Tag über in deine linke Jacken- oder Hosentasche. Wenn du einen Glücksmoment hast, stecke einen Gegenstand von der linken in die rechte Tasche. Am Ende des Tages wirst Du bestimmt sehen, dass auch an “Regentagen” Murmeln in der rechten Tasche zu finden sind. Du reflektierst beim Leeren der Tasche, was du Schönes erlebt hast: Das Lächeln eines Kindes auf dem Weg zur Arbeit; der nette Kollege, der dir schon bei deiner Ankunft eine Tasse Kaffee auf den Schreibtisch gestellt hat; das leckere Stück Schokolade nach dem anstrengenden Arbeitstag und der erste Vogel, der aus dem neugebauten Vogelhaus sich vergnügt hat. Fünf Murmeln hast du in deiner rechten Tasche finden können, obwohl du verschlafen hast, den Kaffee über die wichtigen Unterlagen gekippt hast und auf der Arbeit das nächste Chaos mit dem Verkünden des nächsten Lockdowns ausbrach. Es sind kleine Dinge, die glücklich machen können und dir durch das Erinnern vor dem Schlafengehen eine erholsame Nacht bringen.
10. Keine Scheu vor professioneller Hilfe!
Manchmal geht einfach gar nichts mehr und man will einfach nur raus hier! Tritt dieses Gefühl gehäuft auf und du weißt dir nicht mehr zu helfen, dann kannst du dich an unterschiedliche Hilfen wenden. Therapeuten und Seelsorger sind dabei gute Gesprächspartner, aber ihre Wartelisten waren auch schon vor Corona sehr lang. Viele bieten kostenlose Erstgespräche per Telefon an und können bei der Suche nach schnellerer Hilfe unterstützen. Als erste Anlaufstelle bei psychischem Unwohlsein ist die Nummer gegen Kummer. Erreichbar ist sie unter 0800 / 111 0 550 (für Eltern) 116111 oder 0800 / 111 0 333 (für Kinder- und Jugendliche).
Für Studierende bietet auch die „Nightline“ eine gesonderte Hilfe an. Studierende helfen Studierenden aus allen Semestern. „Nightlines“ wird in vielen Städten angeboten und die jeweilige Nummer ist unter “Erreichbarkeit” zu finden. Professionelle Hilfe bekommst du auch von der Deutschen Depressionshilfe unter 0800 / 33 44 533. Auf ihrer Webseite kannst du Hilfe finden und spezielle Tipps während der Corona-Krise erhalten.
Gräfe, Kristina
Es gibt so viele kleine Dinge die naheliegen und man denkt gar nicht daran. Vielen Dank für den wunderbaren Anstoss.