Fast 15 Jahre ist er nun her: der Beginn des neuen Jahrtausends, der Hype um das Millennium. Millennium – ein Begriff, der seither auch fast in Vergessenheit geraten ist, man hört ihn nicht mehr. ähnlich geht es den Millennium-Entwicklungszielen der Vereinten Nationen. Auch von ihnen hört und liest man seither nicht mehr so viel, so scheint es. Nächstes Jahr laufen sie aus und die neuen „Nachhaltigen Entwicklungsziele (SDG)“ sollen von der Weltgemeinschaft angepeilt werden. Deutschland bereitet sich mit der Zukunftscharta darauf vor.
Teepflückerinnen in Sri Lanka, Mienenarbeiter im Kongo, Näherinnen in Bangladesch. Menschen, die für unser Wohlergehen, unseren Konsum von Tee, Handys, dem neuesten Polo-Shirt und noch vielem mehr schuften. Oft unter widrigen Bedingungen und ohne die Chance, der Armut trotz Arbeit entkommen zu können. Mit ihnen sind auch wir in Deutschland verbunden, wir leben in einer Welt. Für sie möchte das Bundesministerium für wirtschafliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) gemeinsam mit der Zivilgesellschaft, der Wissenschaft, den Kirchen und den NGO’s Verantwortung übernehmen und dies in der “Zukunftscharta EINEWELT – Unsere Verantwortung” schriftlich festhalten.
Neue Ziele für die eine Welt
Die Millennium-Entwicklungsziele der Vereinten Nationen laufen 2015 aus. Manche wie etwa die Reduzierung der Anzahl der Menschen in absoluter Armut wurden erreicht, andere kaum. Die Weltgemeinschaft möchte sich daher im kommenden Jahr neue Ziele auferlegen, die als „nachhaltige Entwicklungsziele“ schon dem Namen nach ausdrücken sollen, dass die Wirkkraft längerfristiger sein soll als die in Medien und Öffentlichkeit fast vergessenen Millenniumsziele. Deutschlands Entwicklungsministerium lädt im Vorfeld zu einem breiten Dialog und zur Online-Mitgestaltung an der geplanten Zukunftscharta ein. Ein erster Zwischenentwurf wurde diesen Monat bereits veröffentlicht.
Sieben Handlungsfelder im Visier
In diesem Zwischenentwurf werden folgende sieben Handlungsfelder aufgezählt:
1. Ein Leben in Würde weltweit sichern;
2. Natürliche Lebensgrundlagen bewahren und nachhaltig nutzen;
3. Wirtschaftswachstum mit nachhaltiger und menschenwürdiuger Beschäftigung verbinden;
4. Menschenrechte und gute Regierungsführung fordern und fördern;
5. Kultur und Religion für Frieden und nachhaltige Entwicklung nutzen;
6. Innovation, Technologien und Digitalisierung für transformativen Wandel nutzen;
7. Eine neue globale Partnerschaft und Multi-Akteurs-Partnerschaften für die Umsetzung.
Für jedes dieser Handlungsfelder möchte sich das Entwicklungsministerium Zukunftsziele setzen. Die „vollständige Überwindung der extremen Armut und des Hungers bis zum Jahr 2030”, der Einsatz für „einen gesellschaftlichen Wandel hin zu nachhaltigem Produktions- und Konsumverhalten” und nicht zuletzt die Erhöhung der finanziellen Mittel auf „mindestens 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Entwicklungszusammenarbeit” sind nur einige der hehren Ziele. Hoffentlich werden sie in den neuen Nachhaltigkeitszielen 2015 so klar formuliert und auch tatsächlich in Angriff genommen.
Ohne Religion geht’s nicht
Erfreulich ist Handlungsfeld 5, denn wie im Zwischenbericht zugegeben wird, wurde die kulturelle und religiöse Dimension nachhaltiger Entwicklung bisher oft vernachlässigt. Gerade angesichts des Missbrauchs der Religion zu Gewaltzwecken, wie es aktuell in besonders drastischer und menschenverachtender Weise im Irak, im Sudan oder in Nigeria geschieht, zeigt, dass Entwicklungshilfe und ihre Akteure die Religion bei ihrer Arbeit nicht ignorieren dürfen. Dies gilt im Positiven noch viel stärker, denn die tradierten ethischen Überzeugungen in den Religionen, insbesondere im Christentum, wie die Vorstellung von der Würde des Menschen und seinen sozialen Rechten oder die Achtung vor der Schöpfung Gottes, sind eine reiche Quelle, aus der zur Lösung der zahlreichen globalen Probleme geschöpft werden kann. Dabei sollte den Akteuren der Entwicklungshilfe auch besonders ins Stammbuch geschrieben werden, dass man die Gewährung von Hilfen nicht davon abhängig machen darf, dass die Menschen in den Entwicklungsländern ihre religiösen oder ethischen Überzeugungen, beispielsweise durch die Forderung der Legalisierung von Abtreibung, dafür preisgeben sollen.
Bewahrung der Schöpfung – gerade der Umwelt- und Klimaschutz sollte auch aus religiös-christlicher Sicht noch stärker im Mittelpunkt der Entwicklungspolitik stehen, denn gerade die globale Erwärmung und die Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen gefährden Menschenleben und sind Armutsquelle. Gerade Staaten, die ihre Natur schonlungslos ausbeuten (müssen), um am Weltmarkt bestehen zu können, rauben den Menschen dadurch die ohnehin spärlichen Lebensgrundlagen. Aus katholischer Sicht hat schon Papst Johannes Paul II. hat eine ökologische Bekehrung der Menschen angemahnt und man darf auf die kommende Enzyklika zur Ökologie von Papst Franziskus gespannt sein.
So wenig das Millennium mit dem Jahrtausendwechsel geendet hat, so wenig darf der Einsatz der Weltgemeinschaft für eine umfassende nachhaltige Entwicklung mit den Millenniumszielen enden. Der Fahrplan der Zukunftscharta steht jedenfalls, und je mehr Menschen sich an dem Dialogprozess beteiligen, gut! Wenn Menschen auch noch ihre ethischen Überzeugungen in Verantwortung vor Gott und für mehr weltweite Gerechtigkeit für Mensch und Natur in diesen Prozess miteinbringen, umso besser!
Mitmachen kann man hier.
Schreibe einen Kommentar